Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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pfingstluemmel
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Klassischer Gruselkrimi in schönen Sets und atmosphärischen Bildern, der viel Potential durch Detektivgetue, pseudo-naturwissenschaftliche Ermittlungen und gewollt Komisches verschenkt. Hier wäre ein unheimlicher Film drin gewesen, doch letztlich bleibt nur launische Unterhaltung, ein Vorläufer der Edgar-Wallace-Filme, wenn auch über deren filmischem Niveau.

Nach Fear and Loathing in Las Vegas gab es keinen Film von Terry Gilliam mehr, der nicht eher missmutig von der Kritik aufgenommen wurde. So mäkeln auch hier wieder die üblichen Verdächtigen, welche keinen Zugang zu Gilliams Welt finden, weil deren apollinisches Bild des Erzählkinos keinen Platz für die Marotten und Spinnereien lässt, die sich der ex-amerikanische Brite herausnimmt, um seiner Vision nahezukommen. Die vermaledeite Produktionsgeschichte dürfte bekannt sein, umso schöner, dass der Film doch noch das Licht der Welt erblickte, ein Triumph über Schicksalsschläge und Schlipsträger. Und ja: The Man Who Killed Don Quixote kann nicht mit den früheren Meisterwerken des Regisseurs mithalten, erreicht jedoch ein erstaunlich hohes Niveau, das den etwas unterbudgetiert wirkenden Vorgänger The Zero Theorem (keinesfalls ein schlechtes Werk) deutlich übertrifft.
Gilliam vermischt Romanvorlage, Produktionsgeschichte, Persönliches und Geschäftliches und erschafft so eine Surrealität, die dem Ideal André Bretons recht nahe kommt: Ein Über-, Unter- und Miteinander von verschiedenen Ebenen der Wahrnehmung und des (Unter-)Bewusstseins, gespeist aus Erinnerung, Traum, Film, Literatur und Vorstellungskraft, etabliert eine neue, umfassendere Realität, eine Surrealität, die der herkömmlichen weit überlegen ist. Gilliams Kritiker nennen das self-indulgent, aber was wissen die schon?

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