Antwort auf: Keith Jarrett

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Ueli Bernays in der NZZ über Keith Jarrett und das „Budapest Concert“:

Plötzlich führt Keith Jarrett seine Hände über die ausladende Klaviatur. Unvermittelt fallen ein paar Klänge in die Stille. Der erste Impuls streut sie dann gleich über die hohen, die mittleren und die tiefen Register. So ist der Solist mit einem Material konfrontiert. Damit daraus seine Musik wird, muss er es nun gestalten – rhythmisch, harmonisch oder melodisch.

Als Zuhörer fehlen einem anfangs noch die Worte für diesen Prozess. Bald schon regt sich jedoch ein Puls unter dem klanglichen Geschiebe, der es mit Zeitlichkeit ziert. Viertel und Triolen sind zu erkennen. Aus verschatteten Schichten und Strukturen lösen sich Tonskalen, klirrende Cluster sowie kantige Motive, die hastig durch die verschiedenen Lagen geistern. Zuletzt hat der Pianist, der nun bereits stöhnt und schnaubt vor Anstrengung, die klingenden Fugen immer besser im Griff. Fragmentarisch im Gestus, klingt die Musik doch an vollendete Formen an. Man fühlt sich an etwas erinnert. An Jazz, an Idole der Tradition? Oder einfach an Keith Jarrett selbst?

[…]

Ein weiteres Mal überzeugt Keith Jarrett mit einem Soloalbum. Und es wird kaum sein letztes sein, denn die Archive bergen noch manch einen veröffentlichungswürdigen Live-Mitschnitt des legendären Virtuosen. Trotzdem wirkt das «Budapest Concert» wie ein Vermächtnis. Das liegt zum einen daran, dass Keith Jarrett diese Aufnahmen in einem Interview mit der «New York Times» kürzlich selbst zum «gold standard» seiner solistischen Improvisationskunst erklärte; im «Budapest Concert» soll sein ganzes künstlerisches Potenzial zum Ausdruck gekommen sein.

Den ganzen Artikel gibt es hier:
https://www.nzz.ch/feuilleton/keith-jarrett-das-ende-einer-musikalischen-aera-ld.1586063

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