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gypsy-tail-windHm, okay – danke auch hier für die Erläuterung … aber ob ich damit einverstanden sein kann, weiss ich gerade nicht. Da spielen ja schon diverse Faktoren rein. Einerseits die Erkenntnis, dass da was zu holen war (also: gute Musik, an die man sich anlehnen kann – das könnte ja unter anderen Umständen, in einem Land ohne Apartheid, vielleicht auch respektvoll geschehen, in den USA aber damals eher nicht … und das setzt ja auch schon früher ein, spätestens in der Swing-Ära, als die zweitklassige Musik von Goodman oder die drittklassige von Miller zum gigantischen Erfolg wurde, während die wirklich guten Orchester die „Rassen“schranke nicht durchbrechen konnten/durften (Basie, Ellington, Lunceford) …
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Ich denke, das muss man auch im Hinterkopf haben, wenn man sich die Situation im frühen Rock’n’Roll anschaut. Also, dass weisse Musiker einen gigantischen Vorteil hatten, ganz egal bei was. Und dass das dann, früher oder später, auch einen massiven Unterschied machte. Und dann ist da natürlich noch die Sache mit dem Fernsehen, wo man plötzlich die Gesichter sah (da gibt es im Jazz auch eine krasse Story, das Red Norvo Trio mit Charles Mingus am Bass … ich glaube, der Leader wollte Mingus zwar spielen lassen, aber einen weissen Bassisten im Bild haben, worauf Mingus dann natürlich gekündigt hat).
Da sind wir halt wieder bei den „strukturellen“ Ungleichheit, die sehr tief sass (und sitzt). Vielleicht gab es im Einzelfall keine Absicht oder keinen Plan, aber den brauchte es halt auch gar nicht?
Falls ich hier auf dem Holzweg bin, bin ich gerne bereit, zuzuhören … ich schätze ja die Diskussionskultur, die wir hier insgesamt haben. Es gibt aber schon immer wieder auch Momente, die ziemlich entmutigend sind.
(hatte eine längere Antwort geschrieben, aber diese Drecksforumssoftware hat sie wohl geschluckt)
Es gibt ja keinen Zweifel an Rassismus, der ist latent, weit verbreitet (nicht nur bei „Weißen“), wissenschaftlich nachgewiesen (Gegenmaßnahmen sind schon schieriger). Genauso wenig kann man an der Diskriminierung schwarzer Musiker (ein manchen Fällen bis heute) zweifeln, da gibt es genug Beispiele. Aber diese Dinge sind bekannt und benannt. Vielleicht haben sich damals (30er oder 50er) weniger weiße Musiker darum geschert, aber auch da gibt’s Gegenbeispiele; Frank Sinatra, sonst ja ein rechtes Arschloch, hat sich oft vor seine schwarzen Mitmusiker gestellt, Faron Young einen rassistischen DJ mit Boykott gedroht, bis dieser Platten seines Freundes Charlie Pride spielte. Will sagen: Es braucht in meinen Augen keinen zusätzlichen Ausdruck dafür, der zumindest impliziert, dass das Problem damals nicht bekannt gewesen wäre. Und dass es jetzt nur einen aus der Generation X braucht, der feststellt, dass es damals Rassimus auch in der Kulturindustrie gab (und Unmengen der Generation Smartphone, die mit dem Begriff als Begründung Leute online mobben).
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.