Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

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gypsy-tail-wind
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Beiträge: 68,341

latho

gypsy-tail-wind
[…]
Wenn dann die schnellen Handwischbewegungen („Grossmaul“*) kommen, interessiert mich das eher nicht und vertreibt mich aus der Diskussion, weil eben: frustrierend (auch wenn vielleicht in der Sache nicht falsch, aber das kann man ja auch mal ausdiskutieren, weil eben: Unbehagen, keine Aktien im Spiel).
[…]

Das bezog sich auf Twitter, also nicht spezifisch auf Jon Silpayamanant und beleibe nicht auf dich. Diente nur zur Illustration, dass ich auf Twitter als Argumentationsplattform nicht viel gebe (da sind mir zB Foren lieber). Silpayamanants Argumentation (sofern ich sie erkennen kann) bleibt mir trotzdem fremd und unklar.

Hatte es nicht auf mich bezogen, aber danke für die Erklärung! Ich nutze seine Tweets als Hinweise, als Baustelle für weiteren „Stoff“ – und so finde ich sie sehr hilfreich. Dabei muss ich seine Argumentation (sofern die überhaupt stringent ist) nicht unbedingt erkennen. Als Anregung finde ich das gerade sehr wertvoll, wie ich oben ja schon verdeutlichte.

latho

gypsy-tail-wind
Das muss ich noch sacken lassen … keine „bewussten Absichten“? Echt jetzt? Was denn sonst? Zufall? Unfall? Nachahmung aus reiner Verehrung? Erklär es mir!

Beispiel: Glaubst du, dass Elvis und seine Produzenten, zB Phillips da saßen und sich dachten, „hmm, welchen erfolgreichen Song eines schwarzen Künstlers nehmen wir denn jetzt, um ordentlich Kohle zu verdienen, in dem wir keine Tantiemen zahlen?“ Das funktionierte doch ganz anders, vor allem bei Phillips, der ja auch schwarze Künstler förderte. Zumal Elvis mit der „schwarz beeinflussten“ Musik durchaus seine Probleme hatte. Erst nach der Army galt er im weißen Amerika als stubenrein. „Unbewusster Klau“ ist eine Projektion Nachgeborener. Klar gab es das auch, dass man sich dachte, „billig, weil die Schwarzen bezahlen wir einfach nicht“, aber es ging ja um ganze Musikstile, die „geraubt“ wurden. Und das sehe ich nicht.
Nochmal: Mir ist der Begriff CA zu allgemein, projeziert „rassische“ Verhaltensweisen (bei den Weißen) und ist sowieso schon benannt. Ein Modebegriff, wenn man so will, den zukünftige Generationen nicht mehr verwenden werden (auch wenn das Problem des Tantiemenbetrugs oder des Nichtwissens um musikalische Zusammenhänge weiterhin bestehen werden).

Hm, okay – danke auch hier für die Erläuterung … aber ob ich damit einverstanden sein kann, weiss ich gerade nicht. Da spielen ja schon diverse Faktoren rein. Einerseits die Erkenntnis, dass da was zu holen war (also: gute Musik, an die man sich anlehnen kann – das könnte ja unter anderen Umständen, in einem Land ohne Apartheid, vielleicht auch respektvoll geschehen, in den USA aber damals eher nicht … und das setzt ja auch schon früher ein, spätestens in der Swing-Ära, als die zweitklassige Musik von Goodman oder die drittklassige von Miller zum gigantischen Erfolg wurde, während die wirklich guten Orchester die „Rassen“schranke nicht durchbrechen konnten/durften (Basie, Ellington, Lunceford) … später gab es dann auch richtig gute weisse Bands (Woody Herman, Stan Kenton), und Goodman war auch ein Pionier, was „integrated“ Bands anging: Lionel Hampton, Teddy Wilson, Charlie Christian sind ein paar der wichtigen Leute, die bei ihm spielten, Gene Krupa holte sich Roy Eldridge, der dann auch mal bei Artie Shaw dabei war … aber daran, dass das grundsätzlich weisse Bands waren und blieben, änderte das dann doch wenig … die afro-amerikanischen Musiker durften nicht in denselben Hotels übernachten, nicht in denselben Diners was essen, nur durch den Dienstboteneingang auf die Bühne etc.

Ich denke, das muss man auch im Hinterkopf haben, wenn man sich die Situation im frühen Rock’n’Roll anschaut. Also, dass weisse Musiker einen gigantischen Vorteil hatten, ganz egal bei was. Und dass das dann, früher oder später, auch einen massiven Unterschied machte. Und dann ist da natürlich noch die Sache mit dem Fernsehen, wo man plötzlich die Gesichter sah (da gibt es im Jazz auch eine krasse Story, das Red Norvo Trio mit Charles Mingus am Bass … ich glaube, der Leader wollte Mingus zwar spielen lassen, aber einen weissen Bassisten im Bild haben, worauf Mingus dann natürlich gekündigt hat).

Da sind wir halt wieder bei den „strukturellen“ Ungleichheit, die sehr tief sass (und sitzt). Vielleicht gab es im Einzelfall keine Absicht oder keinen Plan, aber den brauchte es halt auch gar nicht?

Falls ich hier auf dem Holzweg bin, bin ich gerne bereit, zuzuhören … ich schätze ja die Diskussionskultur, die wir hier insgesamt haben. Es gibt aber schon immer wieder auch Momente, die ziemlich entmutigend sind.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba