Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism … Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

#11198519  | PERMALINK

latho
No pretty face

Registriert seit: 04.05.2003

Beiträge: 37,245

demon
Ich finde, es ist schon bisschen mehr: Hier geht es ja nicht nur um einzelne Plagiate individueller Künstler, auf die das Gesetz regieren könnte. Sondern eine ganze Gemeinschaft bedient sich stilistisch an einer fremden Kultur – was eben nicht pauschal in Gesetze verpackt ist.

Aber das verschwindet dann im ungefähren: wer hat wo abgeschrieben, finden sich Rhythmusmuster in der und der Musik? Es gibt schon harte und deutliche Beispiele: Nazi-Rap zum Beispiel bedient sich ungefähr beim gereimten Sprechgesang, während er sich gleichzeitig über die Erfinder lustig macht. Auch hier braucht man das Wort kulturelle Aneignung nicht, das finde ich etwas wesentlich Schlimmeres.

demon
Wer einen fremden Stil adaptiert, ohne konkrete Werke zu klauen, der muss dafür laut Gesetz nichts bezahlen. Aber er soll doch so ehrlich sein, seine Vorbilder zu nennen und zu thematisieren! Das ist nicht die „billige“ Variante, sondern die in diesem Fall angemessene. Sie zu unterlassen, wäre zwar keine Ausbeutung oder Betrug im juristischen Sinne, aber man kann’s moralisch schon damit in einen Topf werfen.
Naturlich braucht heutzutage kein Blues-Musiker sein Konzert mit einem Vortrag über Robert Johnson zu beginnen, denn das Wissen um den Ursprung des Blues gehört zu unserer Allgemeinbildung – und genau so soll es ja auch sein!

Das aber finde ich so schwierig. Wenn ich nicht eindeutig abkupfere und dafür vor den Kadi gezerrt werde, wer legt dann wie fest, dass ich mich irgendwo bedient habe? Wenn ich es eventuell nicht mal selber weiß (weil zB die entlehnte Musik schon seit Kindheit um mich herum ist). Und wie „ehre“ ich dann die Vorbilder. Geld? Genau: einen Vortrag? Ständige Erwähnung in allen Interviews? Wenn nicht in allen, wie oft dann?

Ich hab’s oben schon geschrieben: es geht um Selbstverständlichkeiten. Wenn ich einen Song covere, habe ich Tantiemen zu zahlen, das ist in Europa Usus seit dem 19 Jhd. Wenn ich eine Musikrichtung spiele, dann habe ich diese Musikrichtung benennen zu können, wenn ich nicht als komplett dumpf durchgehen will. Und wenn ich diese Musikrichtung (noch nicht mal einzelne Musiker) verächtlich mache, obwohl ich sie spiele, bin ich ein Arschloch oder wirklich ganz besonders dumpf. Aber das ist alles nicht neu, gab’s schon Dekaden. Meiner Meinung braucht es keinen Begriff dazu, zumal einen, der so unscharf ist, dass es sich quasi für den Missbrauch anbietet.

--

If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.