Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

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pfingstluemmel
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herr-rossi

pfingstluemmelBeschränken sich diese Probleme nicht sowieso auf „minderwertige“ Kunst? Wenn irgendein Lappen mit Bräunungscreme und Haargel „Fiesta, fiesta, vamos a la playa“ über Synth-Presets leiert, um „Latino-Feeling“ zu erzeugen? Oder wenn ein Gottschalk mit den Armen fuchtelt und „Yoyoyo!“ ruft?

Ganz sicher nicht. Ich finde es ein bißchen einfach gedacht, eine Grenzlinie zwischen „minderwertiger“ und „echter“ Kultur zu ziehen (ich halte die ohnehin für fragwürdig) und dann zu sagen, die hohe Kultur ist grundsätzlich aus dem Schneider, weil da ja nur die klügsten und besten Köpfe mit den lautersten Absichten am Werk sind. Beispiel Beatles: Jeder nimmt ihnen und speziell George Harrison gerne ab, dass ihre Begeisterung für indische Musik aufrichtig war und sie wirklich etwas lernen wollten, um diese Musik adaptieren zu können. Aber: Sie verwendeten indische Klänge letztlich als exotisches Element, für den psychedelischen Effekt. Sie haben – auch, sicher nicht nur – damit eine Menge Platten verkauft und ihren Ruhm als kreativste Köpfe der (westlichen) Populärmusik untermauert. Schaut her: Wir nehmen Drogen und gehen bis nach Indien, um unser aller Bewusstsein zu erweitern. Sie haben damit auch daran mitgewirkt, dass junge Leute aus dem Westen sich Indien als total hippes Aussteigerziel phantasierten und aneigneten, oft mit wenig Rücksicht auf Land und Leute. Und das als Angehörige einer Nation, die kurz zuvor noch die Kolonialmacht Indiens war und sich auch im ganz buchstäblichen Sinn Kultur Indiens angeeignet bzw. diese enteignet hat. Das ist eben die andere Seite der Medaille, nicht nur die, dass die Beatles indische Musik und Musiker im Westen bekannt gemacht haben. Soll ausdrücklich nicht heißen, dass sie und ihre Platten deswegen „gecancelt“ gehören oder minderwertig wären. Natürlich nicht. Aber man sollte darüber auch mal nachdenken können, ohne gleich in Abwehrreaktionen zu verfallen.

Nun, dann wären Ravi Shankar und der Maharishi Mahesh Yogi besser in einem Keller in Indien geblieben, anstatt durch die Welt zu reisen, Konzerte und Vorlesungen zu geben und ihre Werke über britische Plattenfirmen zu veröffentlichen. Merkst du, wo dieser Quatsch ganz schnell hinführt? ;-)

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