Antwort auf: 2020 – Erwartungen und erste Eindrücke

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go1
Gang of One

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snowball-jackson

go1

snowball-jacksonDas Shirley Collins Album gewinnt mit jedem Durchlauf etwas. Es sind schon ein paar gute Interpretationen der „Archäologin“ dabei besonders „Wondrous Love“ & „The Merry Golden Tree“.

„The Merry Golden Tree“ ist das Gegenteil einer guten Interpretation: ihr Vortrag und Ian Keareys Begleitung bringen nichts von dem Drama, den Gefühlen, dem Gehalt, der Härte dieses Songs heraus (und das meint doch „Interpretation“ – mit „Aufhübschen“ hat das nichts zu tun).

Gerade der Track ist doch in seiner Purheit so ergreifend. Und natürlich kann man einen Song auch in Hinblick auf Dramatik „aufhübschen“. (…). Schätze, dass es Shirley Collins um was anderes ging: nicht der Sänger steht im Vordergrund sondern der Song spricht in Hinblick auf Thematik für sich selbst. Sie führt das ja auch konsequent durch.

Bei diesem Track zeigt sie damit meines Erachtens nur, dass es so nicht funktioniert (das Singen von Balladen, von erzählenden Songs). Aus ihrer Darbietung (Gesang wie Begleitung) höre ich vor allem Freundlichkeit heraus, der Gestus, der Ausdruck ist: „Alles halb so schlimm“ – was so gar nicht zu dieser Geschichte passt. So kann man Lullabys oder Weihnachtslieder singen, aber keine Erzählung von Heldentum und Verrat zum Leben erwecken (was nun mal die Aufgabe eines Interpreten wäre, dafür ist „aufhübschen“ nicht das richtige Wort). Für mich ist das nicht ergreifend, sondern verharmlosend (und geradezu betulich). Hinzu kommt, dass Shirley Collins da kein selten gehörtes Lied „ausgräbt“, sondern sich an all den anderen Interpretationen messen lassen muss, die diese Geschichte schon vor ihr erzählt haben (meistens unter Titeln wie „The Golden Vanity“ oder „Old Virginia Lowlands“) – da reichen mir „pur“, „hübsch“ oder „freundlich“ als Qualitäten nicht aus, um ein Loblied auf eine weitere Version davon zu singen.

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To Hell with Poverty