Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

#11156291  | PERMALINK

wahr

Registriert seit: 18.04.2004

Beiträge: 14,821

Ich habe einige Jazz-Platten gekauft in letzter Zeit. Unschwer zu erkennen, dass ich wieder mal einen kleinen Dolphy-Rappel hatte:

George Russell – Ezz-thetics (RI Original Jazz Classics, 1983)
Das schnelle Titelstück holt mich (noch) nicht so ab, der Rest aber dafür sehr. Dolphy konzentriert, darf aber auch immer mal wieder reingrätschen mit Altsax und Bassklarinette, ohne daraus einen Ego-Trip zu machen. Alle spielen hier fantastisch, sehr durchkomponiert, aber mit einer federnd offenen Note – und Spaß dabei. Mir gefällt auch Russells Piano-Spiel außerordentlich gut: Kleine Cluster einbringend, damit kommentierend oder neue Impulse setzend, trotzdem eher im Hintergrund bleibend.

John Lewis – Jazz-Abstractions (US, 1961, Mono)
Platte in „exzellentem“ Zustand? Lachhaft. Egal, ich möchte das Ding nicht missen, die schlimmsten Knacker habe ich digital eliminiert. Third Stream-Projekt, also Kombinationen aus Klassik-Elementen und Jazz. Mit Ornette Coleman und Eric Dolphy auf einem Stück vereint. Coleman noch auf einem weiteren Stück zu hören, Dolphy auf einem anderen. Aber auch die Sachen ohne die beiden sind toll. Jim Hall an der Gitarre spielt durchweg wunderbar: Reduziert und immer irgendwie alles ganz selbstverständlich und souverän zur rechten Zeit an den rechten Platz setzend. Ein toller Mannschaftsspieler! Platte klingt nicht halb so verkopft, wie die Ausgangskonstellation es vermuten lässt. Auch die Parts mit dem Streichquartet betten sich toll ein. Immer ist alles sehr unterhaltend in der Kommunikation zu hören.

Booker Little – Out Front (RI Pure Pleasure, 2007)
Großartig nach dem ersten Hören. Max Roach hält hier alles mächtig zusammen. Booker Little hat einen mühelosen, fließenden Stil an der Trompete, Dolphy ist eh klar. Bass Ron Carter/Art Davis, Piano Don Friedman. Ergänzt sich alles aufs Schönste. Ich habe jetzt so viele „Out“-Platten hier stehen, dass mir endlich der Witz der chronologisch letzten „Out“-Platte bewusst geworden ist: Erst das Aufladen der Plattentitel mit einer „Über die herkömmlichen Grenzen hinaus“-Metapher – Out There, Outward Bound, Out Front – dann schließlich wieder einige Zeit später die nächste „Out …“-Platte: Man holt kurz Luft, welcher Giant Step jetzt wieder angekündigt wird, aber stattdessen Out … to lunch!. Da wird gleich mal sofort die Luft wieder rausgelassen aus dem Bedeutungsgehuber. Das finde ich wirklich sehr humorvoll!

Soweit erstmal. Ein paar Platten sind ebenfalls neu, aber dazu dann später.