Antwort auf: Die 10 besten Alben der 60er

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wahr

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irrlicht

wahr Mir ging es eher darum, Verständnis zu zeigen, wenn man nur mit Rock sozialisiert worden ist, dass man dann mit Jazz nicht viel anfangen kann, weil eben beide Kontexte schon anfangs in den 1960er Jahren von der (allgemein gesprochen) Rock-Kultur nicht zusammengebracht wurden.

Ernsthafte Frage: Ist das wirklich so? Anders gesagt: So ist es doch bei fast allen, oder? Jazz findet, soweit ich das bisher beobachtet habe, in den meisten – rezenten – Playlists, in den Charts, auch im Formatradio doch praktisch gar nicht statt (außer mal für ein Sample oder „Oldie“). Heißt umgekehrt auch, dass sich alle, die doch Gefallen daran gefunden haben, irgendwann mal aufgemacht haben müssen, weshalb ich die Argumentation der „Rock-Sozialisierung“ etwas fragwürdig finde, gerade, wenn es um Leute wie dr. music geht, der ja auch begeisterter Progressive Rock Hörer ist, kurz: Einer Unter-Spielart des Rock, die ebenfalls denkbar wenig im „Mainstream“ repräsentiert ist. Das mag sicher vor einigen Jahrzehnten noch anders gewesen sein (wenn mir meine Mutter etwa davon erzählt, dass im Radio „Atom heart mother“ komplett gespielt wurde, mag ich das kaum glauben), aber der Sprung – gerade vom Prog – zum Jazz ist doch so minimal, dass mich die Abwehr mancher hier wirklich ratlos macht. Ich würde sogar sagen: Ich kam vom Progressive Rock zum Jazz. Über Bands wie Can, King Crimson, Pink Floyd, Van der Graaf und andere, die die Stilistik des Jazz mal mehr mal weniger intensiv in sich aufgesogen hatten.

in klassischen rockmags wie rs, classic rock, eclipsed – und darauf bezieht sich meine kritik – wird selbst dieser kleine schritt von prog zu ornette coleman, john coltrane, annette peacock, patty waters, wayne shorter, miles davis, archie shepp, alan silva oder herbie hancock nicht vollzogen, soweit ich das beurteilen kann. ich vermute, auch du bist über andere wege zum jazz gekommen, und nicht über den rolling stone. das meine ich mit versäumnis der klassischen rock-magazine. mir selbst hat sich der jazz-bereich eigentlich erst in den letzten jahren in größeren schritten erschlossen. zum einen über neuere leute wie kamasi washington oder shabaka hutchings, aber auch über einen generellen schwenk vieler musik aus den letzten jahren in richtung einer größeren präsenz von bläsern und fusionsounds. ich konnte mich dadurch in saxofone etc. plötzlich besser einhören. das war also sozusagen eine ganz aktuelle persönliche, recht spät eingesetzte musiksozialisation meinerseits. zu dieser entwicklung hat der RS null beigetragen, weil dort eben jazz höchstens anekdotisch als fußnote vorkommt. die chance, aus den entwicklungen der letzten jahre – hin zu mehr bläsern, zu freieren formen und zur weltweiten dominanz von r&b – die kurve zu kriegen zu einer tieferen rezeption und einer aufarbeitung der verbindungen der jazz-geschichte zum rock/pop, hat der RS nicht wahrgenommen. das rs-forum war da für mich viel wertvoller. aber ebenso die wire und weiterführende jazz-guides wie von „penguin“ oder val wilmers „as serious as your life“. ohne meinen individuellen schwenk in jüngster zeit hätte „mein“ sixties-jahrzehnt auch fast nur aus rock bestanden. insofern kann ich es eben nachvollziehen, wenn andere nach wie vor im bereich „rock“ bleiben. aber sie verpassen was. :-)