Re: The Rolling Stones

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itasca64

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Dennis BlandfordKonkret, bitte?

Gerade die eigentliche Exile Platte, die mir selbst zuvor auch etwas schwerer zugänglich war, läuft bei mir nun viel runder. Als würde alles Sinn machen u. doch ein Ganzes ergeben.

Dennis BlandfordNur Good time woman, Plundered my soul u. Alladin story sind so was wie ebenbürtig. Keiner weiß jedoch wie sie im unfertigen Originalzustand geklungen haben. Wirklich keiner?

Ich habe die neuen Stücke seit letztem Sonntag hin- und her gehört und komme immer wieder zum gleichen Ergebnis: Der Gesamteindruck des Bonusmaterials ist einfach besser als derjenige des Originalalbums – ein Ergebnis, das ich selbstverständlich so nicht erwartet hätte. Von daher also ein erfreuliches Resultat. Auf der anderen Seite fehlt mir jedes Verständnis dafür, wie man solche Aufnahmen in eine Schublade legen und danach jahrzehntelang einfach vergessen kann. Keith’s damaliger (und späterer) Konsum mag ja die eine oder andere Erinnerungslücke erklären, aber bei den anderen beteiligten? Bei Jagger etwa?
Mit Ausnahme von „I’m Not Satisfying“, „Dancing In The Light“ und der von Keith gesungenen Version von „Soul Survivor“ hätte jede (!) dieser Aufnahmen den Schnitt von „Exile“ angehoben, „Pass The Wine (Sophia Loren)“, „Plundered My Soul“, „Following The River“ sowie meiner Ansicht auch „Title 5“ sogar ziemlich deutlich. Diese vier hätten dann obendrein zu den besten Aufnahmen des Albums überhaupt gehört. Auch „Good Time Women“ anstelle von dem, was unter dem „Titel Tumbling Dice“ verwendet wurde wäre ganz entschieden die bessere Wahl gewesen.
Unfassbar ist, dass uns mit „Following The River“ die beste Balladenveröffentlichung seit „Tops“ so lange vorenthalten wurde. Bei dieser Nummer (der besten unter den neuen Stücken) handelt es sich keineswegs um bloßes Fahrwasser von „Wild Horses“, „Angie“ oder „Winter“, sondern um etwas absolut eigenständiges, das, wenn die Aufnahme wirklich aus den frühen 70ern stammt, damals bei den Stones neu war. Mich erinnert es übrigens eher an das spätere „Already Over Me“. Der Einsatz des Background-Gesanges (kombiniert mit Streichern) ist hier klar besser gelungen als an irgendeiner Stelle des Originalalbums.
“So Divine“ ist ebenfalls klasse, ein bekanntes Riff (unverkennbar aus „Paint It Black“ entlehnt) wird variiert und führt in völlig andere Gefilde.
Die relaxtere Fassung von „Loving Cup“ ist zumindest nicht schwächer als die bekannte Fassung, die auf „Exile“ auch zu den besseren Nummern gehört.
Ein Reinfall dagegen ist die von Keith gesungene Ausgabe von „Soul Survivor“. Im Wissen um Keiths Vermögen, durchaus kongeniale Gesangsbeiträge zu liefern, muß man hier leider sagen: Das war nix. Einfallsloses Gelalle, selbst das unsägliche „Happy“ bringt er da besser. Im ersten Moment meint man, die bekannte Aufnahme mit lediglich ausgetauschter Gesangsspur zu hören. Deutlich präsentere Keyboards (rechter Kanal) und Gitarren lassen aber zumindest einen alternativen Mix, wenn nicht ohnehin eine andere Aufnahme vermuten. Rein musikalisch klingt es hier und da eine Spur roher und authentischer. Aber wie gesagt, Keith bringt es hier einfach nicht.
Zuletzt noch ein Wort zu „Title 5“: Ein sehr kurzes Instrumental wie zum Aufwärmen, im ersten Moment eigentlich nichts, das man zu ernst nehmen sollte. Wer das quasi namenlose Ding also als belanglosen Füller abtut, hat fast mein Verständnis. Trotzdem rockt das Teil aber ziemlich ordentlich und weist mit seiner Soundästhetik weit über seine Entstehungszeit hinaus. Im Vergleich zu fast allem hier eine Prise echter Innovation, deshalb von mir die vollen fünf.

01. Pass The Wine (Sophia Loren) ****
02. Plundered My Soul *****
03. I’m Not Satisfying ***
04. Following The River *****
05. Dancing In The Light ***1/2
06. So Divine ****1/2
07. Loving Cup ****1/2
08. Soul Survivor *** (Musik *****, Gesang *)
09. Good Time Women ****1/2
10. Title 5 *****

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