Antwort auf: Die Trompete im Jazz

#11008107  | PERMALINK

vorgarten

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gypsy-tail-wind
Dass nun weder Byrd noch Farmer sich als Identifikationsfiguren oder Helden oder was auch immer eignen, ist also irgendwie schon klar (Blue bei Mitchell finde ich das etwas weniger eindeutig) – da ist das Verfolgen von Randfiguren (Tommy Turrentine, Joe Gordon, Wilbur Harden, oder Louis Smith, der erst viel später eine grössere Diskographie hinkriegte, oder Idrees Sulieman, dem das auch später nur halbwegs gelang, oder Ray Copeland, den Monk und Randy Weston gleichermassen schätzten, oder eben die Lyriker wie Johnny Coles oder Clarence/Gene Shaw, und – leider, was für eine Vergeudung von Talent! – Booker Little) irgendwie schon cooler.
Aber nochmal eine andere Frage: als Woody Shaw sich zu etablieren begann, Hubbard zunächst zuminndest immer noch voll auf der Höhe war (er fing sich aber eh noch mehrmals wieder), ging Byrds Stern allmählich nieder und irgendwie kam er nie mehr richtig nach oben. Gibt es von nach, sagen wir mal 1975 noch irgendwas, was man hören müsste? (Bei Hubbard kriegt man da locker ein halbes Dutzend hin, auch wenn die Abstürze ebenfalls tiefer sein mögen als bei Byrd.) Andere, etwa Art Farmer und etwas weniger Blue Mitchell sind weitere Beispiele, aber auch Idrees Sulieman, Benny Bailey, Dizzy Reece, Richard Williams, Louis Smith, hielten sich irgendwie ganz gut oder konnten sich dank gewissen Gigs sogar eher noch besser etablieren.

puh, dazu müsste ich viel mehr hardbop gehört haben, bevor ich dazu etwas halbwegs substanzielles äußern könnte. blue mitchell hatte ich mal angetestet, weil er ja für den jungen chick corea eine ähnliche rolle gespielt hat wie byrd für hancock – aber die verjüngungskur durch einen pianisten mit frischen ideen habe ich dann bei byrd doch eher hören können als bei mitchell.

was ich mich ein bisschen bei solchen großen trompeter-bildern frage, ist, wo eigentlich nat adderley dort eingezeichnet wird. das ist zumindest jemand, der mich immer wieder sehr beeindruckt (zuletzt auf der QUINTET & ORCHESTRA seines bruders).

was mir an byrd gefällt, ist schwer zu sagen. ich finde ihn halt sehr sympathisch, so wenig angeberisch, gleichzeitig vertraut man ihm, dass er immer etwas substanzielles zu sagen hat. und bei FREE FORM wird dann eine ambition deutlich, die über das solistische show-stehlen hinausgeht. (lee morgans SEARCH FOR THE NEW LAND habe ich immer ähnlich gehört, das sind so blue notes, auf die ich immer wieder zurückgreife, weil sie auch programmatische, quasi autoren-alben sind – vielleicht müsste man da mal bei den anderen trompeten-leadern schauen, ob sie sich auch mal so rausgelehnt haben).

gestern habe ich nochmal ETHIOPIAN KNIGHTS aufgelegt, das ja nicht mehr als ein großer jam auf zwei sehr lockeren grooves ist, mit einer eigentlich nervtötenden abfolge einzelner soli, die alle nichts ausreizen oder sprengen wollen. trotzdem hängt das alles so cool durch, hetzt nirgends, vertraut auf die schönheit, so etwas kollektiv hinzubekommen… es ändert sich immer eine farbe, es wird nie langweilig, und alle wissen genaum was sie tun.

im durchstöbern der byrd-diskografie bin ich gerade noch hierüber gestolpert:

eine veejay-session aus 1960 offenbar, die z.t. auf einem späten byrd-album landete, dann bei fresh sound bunky green zugeordnet wurde. da werde ich demnächst mal reinhören.

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