Antwort auf: Johann Sebastian Bach

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gypsy-tail-wind
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Na ja, was heisst „reine Lehre“ bei Noten, die z.B. keine Angaben zur Lautstärke enthalten? Die Wiederholungen verlangen, zu denen keine Verzierungen notiert sind, wo Verzierungen aber zur damaligen Spielpraxis gehörten? (Von Aufführungspraxis kann man ja wiederum nicht reden, denn als Konzertwerk oder überhaupt zur öffentlichen Darbietung waren die Stücke vermutlich ja nicht gedacht.)

Was Du meinst ist: Gulda spielt ohne Verzierungen? (Und hält er die Wiederholungen ein? Und wie ist das bei Gould @clasjaz?)

Was ich halt krass finde ist, wie sich das im direkten Vergleich anfühlt bzw. -hört: bei Schiff klang das alles ungeheuer farbenreich. Gulda oder Gould sind dagegen fast schon karg – was mich ebenfalls enorm anspricht, darum geht es mir gar nicht. Wenn ich dann aber Schornsheim einlege, dann klingt auch Schiff schon fast wieder karg, weil das Cembalo mit seiner „quirkiness“ und dem enorm obertonreichen Klang einfach nochmal ganz anders ist (dafür aber in Sachen Dynamik einen viel engeren Raum zu bieten hat). Schiff (in den Liner Notes zur ECM-Box, die im gestrigen Konzertprogramm abgedruckt sind) meint auch, dass die „reine Lehre“ wohl heissen würde, die Musik auf einem Clavichord zu spielen (ein deutliches Zeichen ist, dass die Musik den Tonumfang dieser damals gängigen Hausinstrumente nie überschreite). Dass dies im modernen Konzertsaal wenig Sinn ergibt, ist aber wohl allen klar … aber wenn ich Miklos Spányis CPE Bach-Aufnahmen lausche, die dieser zu weiten Teilen (die Hälfte?) auf einem (oder verschiedenen?) Clavichord(en) einspielte, ist das nochmal anders (und wieder weniger reich an Resonanzen als Schornsheim, die wohl ein ziemlich mächtiges Cembalo spielen dürfte – ist im Booklet bestimmt alles besprochen, aber ich hab nicht so genau hingeschaut gestern, es war schon nach Mitternacht und ich musste ja zurück in den Stollen heute früh).

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