Antwort auf: Billie Eilish

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bullitt

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herr-rossi
Du unterschätzt hierbei, wie unglaublich schnelllebig auch vergangene Dekaden waren. 1970/1980 etwa oder 1990/2000, da lagen jeweils Welten dazwischen, binnen zehn Jahre konnte man Aufstieg und Niedergang ganzer Genres und Trends beobachten, gingen Bands und Künstler in lichte Höhen und verloren schon nach wenigen Jahren an Relevanz. Denk nur an die 90er, was für ein Ritt war das – Hairmetal, Grunge, Post-Grunge/“Alternative“,…

@herr-rossi Ich sehe das eher als Belege dafür, dass Popmusik seinerzeit einen wesentlich höheren Stellenwert hatte. Es gab Fachpresse und eigene TV-Sender, die für jeden Trend eigens neue Genres ausriefen und aus Banalitäten wie Singleveröffentlichungen zweier Britpop-Bands ein Medienereignis machen konnten. Muss man sich heute mal vorstellen.

Einzelne Trends mögen sich schon immer schnell wieder abgekühlt haben, aber jeweils sind fast immer deren wichtigsten Verterer eben genau zu dem aufgestiegen, was ich meine, nämlich über Jahrzehnte erfolgreiche Megastars, die nicht nur ein Mal in einem kurzen Zeitfenster jugendliche Fans gezogen haben.

Wieso schwerfällig? Mit Erscheinen des Albums schwappte das Thema Billie Eilish in die Mainstream-Medien über und das große Interesse hat seitdem nicht nachgelassen. Das ist schon mehr als ein kurzer Hype, das ist ein Phänomen.

Es dauert einfach länger, bis sich solche Phänomene außerhalb einer Peergroup verbreiten, sofern das überhaupt passiert.  Welche Mainstream-Medien greifen das Thema BE im großen Stil auf? Sie findet statt, ein bisschen, immerhin. Aber aus Zufall bin ich  noch nie auf einen der versprengten Artikel gestoßen. Hat sie im deutschen TV mal stattgefunden? Keine Ahnung.

Mein 16-jähriger Bruder war letztes Jahr wegen ihr und 21 Pilots beim Lollapalooza und hat mich angefixt, sonst hätte ich da wohl selbst nur bedingt was von mitbekommen und in meinem Umfeld gibt es bis heute kaum jemanden über 30, dem der Name BE etwas sagt, geschweigenden jemanden, der ihre Musik kennt.

Das war, behaupte ich, in Zeiten einer übersichtlichen, analogen Medienlandschaft deutlich anders. Da hat jeder zwischen 5 – 100 die Spice Girls täglich, ob er wollte oder nicht, überall so lange vor den Latz geballert bekommen, bis er Ginger, Sporty, Posh, Scary und Baby-Spice im Schlaf auseinander halten konnte. Aber das Thema hatten wir ja schon öfter…;-)

Das wird sich natürlich nicht in dieser Intensität über Jahre fortsetzen lassen. Auch Elvis ’56, Beatles ’64 und Michael Jackson ’83 waren in der Form nicht zu wiederholen, so erfolgreich die Betreffenden auch später noch waren. (Und nein, ich will hier nichts auf eine Stufe stellen, aber für die nach 2000 geborenen wird Billie Eilish ’19 im Nachhinein ein solches generationsprägendes Ereignis sein.)

Naja, man schaue sich einfach nochmal das im letzten Jahr veröffentlichte Bukarest-Konzert von MJ 1992 an. Hysterie. Und die kommt nicht von einem in die Jahre gekommen Nostalgie-Publikum, das 1970 schon die Jackson Five toll fand. Der Mann hat über zwei Jahrzehnte im größt annehmbaren Stil neue Fangruppen generiert und die Intensität seiner Popularität so gut wie konstant gehalten.

Aber gut, MJ ist diesbezüglich natürlich auch ein Totschlagargument jenseits von Gut und Böse. Mit dem wollte ich gar nicht kommen. Aber wenn BE das in den nächsten sagen wir nur 5 Jahren auch nur in Ansätzen schaffen sollte, nehme ich hier alles zurück.

Lange Rede kurzer Sinn, über was diskutieren wir eigentlich? Dass sich die Rezeption und Vermarktung von Popmusik seit dem digitalen Umbruch um 2000 fundamental verändert und das erhebliche Auswirkungen hat, steht doch außer Frage, oder nicht?

go1 Krautathaus wollte offensichtlich der Prognose widersprechen, dass Billie Eilish innerhalb von zwei Jahren wieder „in der Versenkung verschwinden“ würde, und zwar mit dem Argument, dass dafür ihre Fan-Gemeinde zu groß und zu enthusiastisch sei. (…)  Rossi hatte dem entgegnet, dass erstens die 2010er sogar weniger schnelllebig waren als die 1990er …

OK, danke für die Zusammenfassung. Ich hatte Rossis Kommentar tatsächlich überlesen und bei Krautathaus hat mich vermutlich vor allem dieser Vergleich zu den Toten Hosen irgenwie verwirrt, den ich so gar nicht unterbringen kann.

 

zuletzt geändert von bullitt

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