Antwort auf: Billie Eilish

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firecracker

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bullschuetz

krautathaus Billy Eilish weicht in fast jeder Hinsicht von diesen Standards ab: Das Einzige, was ihre Musik mit aktuellen Trends gemeinsam hat, ist der voluminöse Bass. Ansonsten: leise gesungene, dunkel klingende Vocals ohne erkennbares Tuning oder Hall, düstere, manchmal unheimliche Songtexte, hyperreduzierte, minimalistische Arrangements mit häufigem Einsatz von Foley-Effekten [Geräuschen, wie sie normalerweise für Film-Synchronisationen von Spezialisten nachgebaut werden; Anm.d.Übers.] und ein insgesamt sehr höhenarmes Klangbild.

Alles richtig und bemerkenswert genug – aber das ist bei weitem nicht das einzig Unkonventionelle, Frische, Interessante, was hier passiert. Die Art, wie in Bury A Friend übliche Popsongstrukturen demontiert werden oder in All The Good Girls gängige musikalische Dramaturgien ad absurdum geführt werden, indem zum Beispiel die taktgebenden Achtel des Keyboards beim Refrain einfach erstmal rausfallen und und und … Die Lässigkeit, mit der hier vom Kinderzimmer aus reihenweise Regeln der professionellen Reissbrettproduktion ignoriert und gebrochen (und nebenbei, das garantiere ich euch, neudefiniert) werden, ist schon supercool. Dass es als Zugabe zu all dem eingängige, aber unabgenutzte Melodien in Fülle und Überfülle gibt, sollte man nicht unerwähnt lassen. Und die von @herr-rossi benannten außermusikalischen Faktoren (ungewöhnliche Backstory, markantes, nicht x-mal vorgekautes Image, ulkige Mischung aus Punkrotzigkeit, family values und FfF-Ernaehrungsbewusstein etc pp) sind bei einem Pop-Act auch nicht zu verachten.
Ich finde, dies ist der seltene Fall eines gehypten Jungkuenstlers, der dem Hype nicht nur gerecht wird, sondern ihn gar übertrifft. Im Falle von Billie Eilish bin ich außerordentlich gespannt auf künftige Veröffentlichungen.

Danke für diese wunderbaren Worte.

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Dirty, dirty feet from the concert in the grass / I wanted to believe that freedom there could last (Willy Mason)