Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Von Abba bis ZZ Top › R.E.M. › Antwort auf: R.E.M.
nail75 Schon in der zeitgenössischen Rezeption war es aufmerksamen Beobachtern klar, dass Pearl Jam ganz eindeutig in der Tradition des Classic Rocks stehen – … Der Grunge war bei Pearl Jam weitaus weniger tiefsitzend, als bei vielen anderen Bands, am ehesten fand er sich in der Kleidung und in der tatsächlichen Zerrissenheit, die sich ja in Texten immer wiederfindet. Während aus damaliger Sicht einige meinten, ja Alternative Rock, Grunge, ist ja ganz was neues, undergroundmäßiges, werden im Rückblick die Kontinuitätslinien zwischen der Rockmusik der 1970er und derjenigen der 1990er Jahre viel klarer. Allerdings war Grunge war tatsächliche die Antithese zu einer bestimmten Rockmusik, nämlich zum Hardrock, Metal oder Mainstream Rock der 1980er. …
Naja, nicht der aufmerksame Hörer subsumierte Badmotorfinger, Ten und Nevermind zunächst im klassischen Rock, Metal und Hardrocksegment, sondern die gesamte Branche. Im Herbst ’91 war das Ausmaß dessen, was da gerade losgetreten wurde, noch gar nicht klar. Dass etwas entscheidend anders lief als sonst, wurde spätestens deutlich, als Kurt Cobain im gelben Fummel Riki Rachtman bei Headbanger’s Ball auflaufen ließ. Da prallten zwei Welten aufeinander. Legendär. Da brauchte das Kind einen neuen Namen. Den Unterschied machten aber natürlich nicht nur Herkunft und Flanellhemden. Es war die Abkehr von genretypischen Konventionen, von breitbeinigen Machoattitüden, Hedonismus, Glamour, nicht nur der 80er Jahre. Cobain war sicher am konsequentesten, aber Vedder kann man da keineswegs ausklammern und ihn rückblickend zum einem archetypischen Rockstar umdeuten.
Rückblickend, und darauf wollte ich mit meiner Bemerkung ja hinaus, ist das überlieferte Narrativ der Rockmusik killenden Indie-Helden tatsächlich widersprüchlich. So widersprüchlich, wie ein Crossover aus Rock, Metal, Punk und Postpunk halt wohl auch zwangsläufig sein muss. Nachgeborenen, die mit Rockmusik im Allgemeinen nichts mehr am Hut haben, lassen sich Nuancen, die seinerzeit zu Glaubenskriegen führten, wohl nur noch mit Mühe vermitteln. Nichtsdestotrotz gab es die nun mal und ich halte gar nichts davon, im Nachhinein alles über einen Kamm zu scheren.
Michael Stipe ist und bleibt ein etwas scheuer schwuler Mann, das merkt man auch auf der Bühne. Er hat im Verlauf der Jahre gelernt, mehr aus sich herauszugehen, aber vieles erinnert immer noch an denjenigen Frontmann, der bei ihrem ersten großen Fernsehauftritt lieber anderen das Reden überließ.
Eddie Vedder und Pearl Jam insgesamt haben nun einmal einen heftigen Hardcore/Punk-Einfluss, der bei R.E.M. deutlich geringer ist (und wenn dann eher aus der künstlerischen Ecke von Television oder Patti Smith kommt) und das merkt man auch bei der Bühnenperformance, die bei Pearl Jam eben weitaus körperlicher ist.
Das kann ich komplett so unterschreiben. Ich wollte auch keineswegs behaupten, dass es keine Unterschiede zwischen REM und Pearl Jam oder Stipe und Vedder gibt, nur dass man einige Parallelen erkennt.
zuletzt geändert von bullitt--