Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

Startseite Foren Kulturgut Für Cineasten: die Filme-Diskussion Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II) Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

#10915289  | PERMALINK

motoerwolf

Registriert seit: 25.10.2006

Beiträge: 6,539

Western Stars (Thom Zimny / Bruce Springsteen, 2019)

Der Film ist größtenteils wunderschön, aber ein wenig ungewöhnlich in Springsteens Werk. Springsteen ist ja ein Künstler, dem von seinen Fans stets eine große Authentizität zugeschrieben wird. Seine ebenfalls von Zimny gefilmte Broadway-Show bediente noch genau dieses Image. Es war natürlich eine Show, doch wurde sie so konzipiert als sehe man hier einen Menschen, der einfach dem Strom seiner Gedanken folgend über sein Leben und seine Musik reflektiert. Sie wirkte spontan, und es wurde die Illusion geboten, man sehe den „echten“ Bruce, es gebe keinen Unterschied zwischen dem Menschen und dem Künstler auf der Bühne. Ähnliches bot auch schon VH1 Storytellers. Western Stars geht einen anderen Weg. Diesmal sehen wir ihn mit 30-köpfiger Band in seiner eigenen, zur vielseitig nutzbaren Party-Location umgebauten Scheune, wie er vor einer handvoll Leuten sein neues Album Track für Track weitestgehend originalgetreu spielt. In der Einleitung  und zwischen den Songs spricht Springsteen über die neuen Lieder, aber diesmal aus dem Off, nicht auf der Bühne. Diese Sequenzen sind sowohl mit eigens dafür gedrehten und Archivaufnahmen unterlegt. Erstere sind für mich die größte Schwachstelle von Western Stars, sie wirken wie Ausschnitte aus Videoclips mit der Ästhetik des Albumcovers. Wir sehen also Pferde, staubige Landschaften und Straßen, alte Autos und den Boss in passenden Outfits und Posen. Die Distanz zwischen Künstler und Zuschauer wird so wieder deutlicher, da hier offensichtlicher als bei den früheren Filmen der Filmemacher als dritte Person zu ihnen (und zwischen sie) tritt. Für mich funktioniert dieses Konzept weniger gut als das altbewährte, ist zudem oft gefährlich nah am Kitsch. Die Aufnahmen des Konzertes (auch hier handelt es sich de facto nicht um ein Konzert, es wurde mehrere Tage lang gedreht) dagegen sind wundervoll, die Musik ja sowieso. Allerdings entwickelt sich keine wirkliche Live-Atmosphäre, denn ohne das ich sagen könnte, woran genau das liegt, wirkt es leider immer in wenig, als stammen Bild und Ton aus getrennten Quellen, als seien die Bilder nachvertont. Eventuell liegt das ja am Kino, da würden mich andere Eindrücke interessieren.

zuletzt geändert von motoerwolf

--

And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame