Antwort auf: Harald Schmidt

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gypsy-tail-wind
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bullschuetz
Und oft sind es ein und dieselben Leute, die sowohl an der Verschiebung von rassistischen Sagbarkeitsgrenzen (Stichwort: „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“) als auch an der Denunzierung nichtrassistischer, nichtsexistischer Sprache als „political correctness“ arbeiten. Das geht ausdrücklich nicht gegen dich persönlich, aber dieses Grundmuster beobachte ich bei vielen.

Deshalb muss ich, wenn ich Hassrede erlebe, die sich teilweise gar schon für salonfähig hält, im Strahl kotzen, während ich sprachliche Ueberregulierungswuensche aus Gründen der Rücksichtnahme nur kritikabel finde, ohne mich gleich entleeren zu müssen.

Danke dafür. Ich wollte mich hier eigentlich raushalten, aber genau das führt auch bei mir regelmässig zum Bedürfnis, im Strahl zu kotzen. Zudem ist es ja überhaupt nicht klar, ob Veränderung der Sprache eine Wirkung erzielen oder nicht, es gibt in der aktuellen (wissenschaftlichen) Diskussion soweit ich weiss beide Haltungen. Meiner Meinung nach ist ja schon etwas gewonnen, wenn überhaupt das Bewusstsein für das verletzende Potential, das jedem Sprachhandeln innewohnt, wächst.

Das Gerede vom „Luxusproblem“ geht für mein Empfinden auch schon in eine ungute Richtung. Es mag ein Luxusproblem sein, es mag sein, dass diejenigen Leute, die für diese Debatten überhaupt Zeit (Geld) und Kraft haben, ärgere Probleme nicht haben, die andere Menschen haben, aber es ist mir zu einfach, da mit diffamierenden Pauschalurteilen zu kommen. Ich denke wir sollten alle mal ein Jahr oder zwei als Angehörige einer erkennbaren Minderheit (Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexuelle Orientierung, was auch immer) leben, um besser zu verstehen, wie anders dann die Wahrnehmung das Empfinden sein kann.

Und das Gejammer über die Sprache bzw. deren „Verluderung“ kann ich allmählich auch nicht mehr ab. Hierzulande (wo das Geheul genau so laut ist, und leider auch nicht bloss von konservativer Warte oder vom Westfernsehen kommt) wird z.B. seit einigen Jahren vermehrt im lokalen Dialekt geschrieben, was ja eigentlich eine enorme Erweiterung der möglichen Ausdrucksformen mit sich bringt. Diejenigen, die sich über eine Underline oder ein Gendersternchen nerven, könnten ja z.B. auch ganz einfach von den Ingenieuren und Ingenieurinnen schreiben, dann hört der Gegenwind auch gleich auf und verhunzt wird gar nichts (ausser vielleicht das Cis-Männchen-Selbstwertgefühl, das natürlich nicht toxisch ist, schon klar).

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