Harald Schmidt

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  • #10847593  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    bullittNa, hier war ja dann Schweigen im Walde nach meinen Beispielen. Hier noch die schönsten im konkreten Zusammenhang mit Schmidt.

    Naja, wo soll die Diskussion auch groß hinführen. Du machst letztlich nichts anderes als das, was Du den PC-Kommentatoren vorwirfst: Sich ständig über alles mögliche aufzuregen, was irgendwer in der Öffentlichkeit äußert und einem nicht passt. Da sind sich PC-ler und Anti-PC-ler viel ähnlicher, als ihnen lieb sein dürfte: Kann das nicht endlich mal aufhören, dass ständig Leute in der Öffentlichkeit Meinungen äußern und Forderungen erheben dürfen, die mich aufregen? Ich überbringe ungerne die schlechte Nachricht, aber genau das ist Meinungsfreiheit, dass Leute alles mögliche meinen und fordern können. Man kann seine eigene Meinung dagegenhalten, man kann diskutieren und streiten, oder man kann es lassen.

    Nehmen wir den Fall Wittenberg: Da war es immerhin ein Mitglied einer jüdischen Gemeinde, dass die mittelalterliche antijüdische Darstellung an der Kirche entfernt sehen wollte. Also keine Stellvertreterempörung, die der PC so gerne attestiert wird. Aber Kirchengemeinde, Landeskirche und Stadtrat haben das Ansinnen mit guten Gründen abgelehnt und schließlich hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Fall abgehakt.

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    #10847677  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    bullittSchluss mit der TV-Nostalgie und Altersweisheit verzweifelt gesucht.

    Tja, zwei Meinungsäußerungen im Meer der öffentlich geäußerten Meinungen. So what?

    Die Erkenntnis von Alina Schröder, dass nicht alles, was man als Kind toll fand, den (eigenen) Test der Zeit besteht, finde ich erstmal richtig. Nostalgische Verklärung ist kein guter Ratgeber, wenn man Bücher, Filme usw. sucht, die man mit seinen Kindern teilen möchte, manches ist eben inzwischen muffig und langweilig. Man tut sich und den Kindern aber auch keinen Gefallen, wenn man nach lupenrein „pädagogisch wertvollen“ Angeboten sucht. Bei genauerem Hinsehen sind die Klassiker, die heute noch funktionieren, vielschichtiger, als ein oberflächlicher Blick offenbart. In fast achtzig Heften „Lucky Luke“, die meine Tochter und ich gelesen haben (ich habe ihr vorgelesen), gab es nur zwei, drei Stellen, die ich wirklich cringy fand. Das war z. B. die einzige Hinrichtung, die tatsächlich vollzogen wurde und wo der Delinquent verkündete, es sei eine Ehre, von diesem Henker erhängt zu werden. Wahrscheinlich war das eine der realen historischen Begebenheiten, die ja immer mit einfließen, aber das passte so überhaupt nicht zum Ton der Serie. Umgekehrt erinnere ich mich an eine Szene, in denen die Indianer untereinander sehr eloquent redeten und nur den Weißen gegenüber in diesen „edle Wilde“-Karl May-Sound umschalteten. Weiß nicht, ob das ein Einfall der Übersetzer war, aber das Klischee wurde auf witzige Weise gebrochen. „Lucky Luke“ ist tatsächlich ein „Jungs“-Comic mit nur wenigen interessanten weiblichen Protagonisten (z. B. Calamity Jane, die kann man sogar aus heutiger Warte als „Transgender“ lesen), ähnlich wie „Asterix“, der uns genauso intensiv beschäftigt hat, aber das hat der anhaltende Begeisterung unserer Tochter für die Charaktere und Geschichten keinen Abbruch getan. Heute ist sie Sportschützin …

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    #10847717  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,113

    bullittNa, hier war ja dann Schweigen im Walde nach meinen Beispielen.

    Wozu sie kommentieren, wo ich sie doch weiter oben selber schon teilweise aufgezählt hatte? Mein Argument war nie, dass PC nicht nerven kann, sondern immer, dass PC ein süßes kleines Luxusproblemchen ist im Vergleich zu einer enthemmten Hasssprache, die vielerorts nach tätiger Umsetzung drängt.

    Im Übrigen bringt es auch nichts, verschiedene Phänomene in einen Topf zu rühren und alle gleichermaßen zum Anlass, um im Strahl zu kotzen, zu nehmen. Konkret:

    – Das reaktionaere Menschen- und Ordnungsbild bei TKKG mittels close reading herauszuarbeiten, erscheint mir Literaturwissenschaft at its best.

    – Der Fall der Emma-Karikaturistin ist zumindest diskutabel.

    – Das Gomringer-Gedicht verschwinden zu lassen, ist für mich ein peinlicher Akt pseudoemanzipazorischer Spießigkeit und literarischer Unverstaendigkeit.

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    #10850387  | PERMALINK

    bullitt

    Registriert seit: 06.01.2003

    Beiträge: 20,633

    Wozu sie kommentieren, wo ich sie doch weiter oben selber schon teilweise aufgezählt hatte? Mein Argument war nie, dass PC nicht nerven kann, sondern immer, dass PC ein süßes kleines Luxusproblemchen ist im Vergleich zu einer enthemmten Hasssprache, die vielerorts nach tätiger Umsetzung drängt.

    @bullschuetz Hmm, klingt nach Whataboutism. Weil Hatespeech schlimmer ist, darf man PC nicht kritisieren? Verstehe da den Zusammenhang auch nur bedingt. Ich würde eher soweit gehen, die aggressiven Diffamierungen dieser Journalistin als Teil der Vergiftung eines öffentlichen Diskurses zu betrachteten.

    Kann das nicht endlich mal aufhören, dass ständig Leute in der Öffentlichkeit Meinungen äußern und Forderungen erheben dürfen, die mich aufregen? Ich überbringe ungerne die schlechte Nachricht, aber genau das ist Meinungsfreiheit, dass Leute alles mögliche meinen und fordern können…

    @herr-rossi Wenn bewusst diffamiert, fehlinterpretiert, missverstanden wird und Zitate aus dem Zusammenhang und Kunstwerke aus ihrem historische Kontext gerissen werden und unterschwellig zum Boykott aufgerufen wird, kann ich das nur noch schwer als Meinungsfreiheit abtun. Vor allem dann nicht, wenn es einen am Ende selbst irgendwie tangiert. Das ist schlicht dumpfer Populismus und die Beispiele sind nun auch keine sonderlich exotischen Einzelmeiningen, die in den Untiefen des Internets verbreitet worden wären.

    Das nostalgische Verklärung kein guter Ratgeber ist, ist eine Binse. TKKG ist da sicher ein gutes Beispiel und die Aufregung darüber gerade populär, angesichts des Kinofilms und der Live-Tour. Nun konnte man die Serie schon immer aus verschiedensten Gründen kritisieren. Wenn ich aber in einer Kritik zu einem Kinderfilm lese, dass der Autor (Jahrgang 1982) jeden für einen potentiellen AfD-Wähler hält, der sich heute nicht von den frühen Folgen distanziert (sic!), frage ich mich ernsthaft, was der an Filmen und Serien des letzten Jahrhunderts noch so alles gerne auf dem Index sähe. Die Zustände in den USA diesbezüglich hat latho ja schon angedeutet.

    Zum Kotzen ist halt, dass sich diese Leute immer nur genau die Aspekte in den Fokus rücken, die ihr Weltbild bestätigen. Macht diese Schröder ja genauso. Die Ignoranz und der Unwille, sich mit der jeweiligen Materie auseinanderzusetzen, hat schon was von zwanghaftem Aufspüren von vermeintlich entarteter Kunst. Krass, was das für Ausmaße angenommen hat und man sich zudem auch noch oft genug an den völlig falschen Gegnern abarbeitet. Dass die genannten Serien und Filme Rollenklischees bereits persiflieren, scheint die Autorin nicht im Ansatz gerafft zu haben – oder sie ignoriert es ganz bewusst.

    Die Flinstones waren ursprünglich eine Serie für Erwachsene, die zur Prime Time lief und die Gebaren der amerikanischen Mittelschicht buchstäblich in der Steinzeit verortete. Lucky Luke ist eine Parodie auf das Western-Genre und nimmt den klassischen Revolverhelden auf die Schippe. Dass ein Mann, der schneller schießt als sein Schatten, albern überzeichnet ist, schnallt nun wirklich bereits jedes Kind. Und eben, wieso vergisst die Autorin ausgerechnet Calamity Jane, eine der schillerndsten Figuren im LL-Universum, die das genaue Gegenteil weiblicher Stereotype verkörpert und allen die Show stiehlt? Bei Asterix wird jeder Konflikt mit Gewalt gelöst und am Ende ist der schwarze Pirat der Dumme? Mir völlig rätselhaft, wie man zu dieser Lesart kommen kann. Mehr als eine halbe Seite kann man dafür nicht gelesen haben. Ich kenne jedenfalls nur Folgen, in denen am Ende Asterix mit List und Köpfchen zum Ziel kommt und die weißen Imperialisten die Deppen sind.

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    #10850395  | PERMALINK

    mozza
    Captain Fantastic

    Registriert seit: 26.06.2006

    Beiträge: 78,408

    Das Allernervigste an dem Artikel von Frau Schröder ist, dass sie Di Caprios bevorzugtes Beuteschema kritisiert.

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    young, hot, sophisticated bitches with an attitude
    #10850449  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,625

    bullschuetz
    Im Übrigen bringt es auch nichts, verschiedene Phänomene in einen Topf zu rühren und alle gleichermaßen zum Anlass, um im Strahl zu kotzen, zu nehmen. Konkret:
    – Das reaktionaere Menschen- und Ordnungsbild bei TKKG mittels close reading herauszuarbeiten, erscheint mir Literaturwissenschaft at its best.
    – Der Fall der Emma-Karikaturistin ist zumindest diskutabel.
    – Das Gomringer-Gedicht verschwinden zu lassen, ist für mich ein peinlicher Akt pseudoemanzipazorischer Spießigkeit und literarischer Unverstaendigkeit.

    Dass man da Unterschiede machen muss, ist auf jeden Fall richtig. Die Gomringer-Geschichte halte ich für einen Schildbürgerstreich, aber sie war auch nur eine Lokalposse, deren Bedeutung man nicht hoch zu hängen braucht. Wenn Studenten der Hochschule Schilda gegen „Sexismus“ kämpfen wie Don Quijote gegen „Riesen“, hat das früher nur die Leute in Schilda und Umgebung interessiert – heute wird alles geteilt und verbreitet und in ganz Deutschland ist die Empörung groß. Der Fluch der sozialen Medien. Dabei ist nichts Schlimmes passiert: Die Hochschule Schilda hat jetzt ein anderes Gedicht, dafür prangt das Gomringer-Gedicht an einer anderen Hauswand irgendwo in der Nähe – mehr Kunst im öffentlichen Raum statt weniger, also alles gut.

    bullitt

    „Kann das nicht endlich mal aufhören, dass ständig Leute in der Öffentlichkeit Meinungen äußern und Forderungen erheben dürfen, die mich aufregen?“ Ich überbringe ungern die schlechte Nachricht, aber genau das ist Meinungsfreiheit, dass Leute alles mögliche meinen und fordern können…

    Wenn bewusst diffamiert, fehlinterpretiert, missverstanden wird und Zitate aus dem Zusammenhang und Kunstwerke aus ihrem historische Kontext gerissen werden und unterschwellig zum Boykott aufgerufen wird, kann ich das nur noch schwer als Meinungsfreiheit abtun.

    Boykott ist ein gutes Recht, eine ehrenwerte Form des Engagements, und Aufrufe dazu fallen unter den Schutz der Meinungsfreiheit. Aber Fehlinterpretationen und Missverständnisse sind natürlich nervig, wie auch das folgende Beispiel zeigt:

    bullitt

    Bullschuetz: „Mein Argument war nie, dass PC nicht nerven kann, sondern immer, dass PC ein süßes kleines Luxusproblemchen ist im Vergleich zu einer enthemmten Hasssprache, die vielerorts nach tätiger Umsetzung drängt.“

    Hmm, klingt nach Whataboutism. Weil Hatespeech schlimmer ist, darf man PC nicht kritisieren? Verstehe da den Zusammenhang auch nur bedingt.

    Du versuchst gerade vorzuführen, was ein bewusstes Missverständnis ist, richtig? Von „Dürfen“ war nie die Rede, aber jede Minute, die man mit Luxusproblemen verbringt, geht ab von der Zeit, die für die wichtigen Dinge bleibt. Und schlechte Feuilleton-Texte oder ausgestellte „wokeness“ sind nun mal ein Luxusproblem. Der Zusammenhang ist auch ganz offensichtlich: Es geht jeweils darum, wie in öffentlichen oder halb-öffentlichen Räumen gesprochen (bzw. geschrieben) wird oder werden soll, und welche Vorstellungen, Gedanken, Ideen damit transportiert werden. Und da sind gut gemeinte, aber irregeleitete Versuche, die Welt zu verbessern, sicher nicht das Hauptproblem. Kunst und Kultur werden das überstehen. Obwohl es nervt, wenn Leute ihr eigenes Gefühl (des Beleidigtseins oder dergleichen) zum Maß aller Dinge machen, statt sich die Sachen im Kontext zu erklären.

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    To Hell with Poverty
    #10850563  | PERMALINK

    bullitt

    Registriert seit: 06.01.2003

    Beiträge: 20,633

    @go1 Mit der Unterscheidung zwischen Haupt- und Luxusproblem kann ich überhaupt nichts anfangen. In einen Forum, in dem sich täglich über Luxusproblemchen ganz anderer Art ausgetauscht wird, erst recht nicht. Und das hier ist halt immer noch nur der Harald Schmidt Thread und dessen Aussage waren die Grundlage für die Diskussion. Die „Hauptprobleme“ können ja einfach woanders besprochen werden, da möchte ich niemanden von abhalten. Was ich persönlich für aufregenswert und problematisch halte, entscheide ich letztendlich aber einfach selbst und noch mal, hier werden Politiker, Autoren, Musiker, deren Werke und Rezipienten aufgrund zweifelhafter Rückschlüsse von Journalisten mit relativ großer Reichweite diffamiert, was in meinen Augen mindestens mal Stufe eins Richtung Hate Speech ist. Also vielleicht doch sowas wie ein kleines Hauptproblemchen mit Potential zu mehr?

    zuletzt geändert von bullitt

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    #10850591  | PERMALINK

    pheebee
    den ganzen Tag unter Wasser und Spaß dabei

    Registriert seit: 20.09.2011

    Beiträge: 33,696

    bullittUnd das hier ist halt immer noch nur der Harald Schmidt Thread

    ebent…

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    Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better. Samuel Beckett
    #10850619  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,625

    bullittWas ich persönlich für aufregenswert und problematisch halte, entscheide ich letztendlich aber einfach selbst und noch mal, hier werden Politiker, Autoren, Musiker, deren Werke und Rezipienten aufgrund zweifelhafter Rückschlüsse von Journalisten mit relativ großer Reichweite diffamiert, was in meinen Augen mindestens mal Stufe eins Richtung Hate Speech ist.

    Zu viel Aufregung ist ungesund; daher sollte man sich seine Wut für würdige Anlässe aufsparen (und die Auswüchse von „PC“ gehören da in aller Regel nicht dazu). Wer hat denn wen wodurch „diffamiert“? Zuletzt hast Du hier zwei harmlose Feuilleton-Artikel herumgezeigt, die bei Dir einen unerklärlichen Brechreiz ausgelöst haben (was nicht an diesen Texten gelegen haben kann).

    Im einen findet die Autorin in alten Cartoons, Comics und Serien die Geschlechtsrollen-Klischees und Stereotype vergangener Jahrzehnte wieder und missachtet dabei ein paar relevante Aspekte wie die parodistische Anlage dieser Werke. Sie fasst die Sachen also einseitig auf, aber was soll’s`? Am Ende sagt sie nur, dass früher nicht alles besser war und das Kinderprogramm auch in der eigenen Kinderzeit nicht das Gelbe vom Ei, genau wie heute. Im anderen Artikel übt sie eine milde Kritik an Interview-Äußerungen von Harald Schmidt, Alice Schwarzer, Gerhard Schröder, Joachim Gauck und Morrissey – zum Teil treffend, zum Teil aber recht vage. Dabei stellt sie korrekt fest, dass all diese Leute ihre besten Zeiten hinter sich haben. Mit Diffamierung und Hate-Speech hat das erstmal nichts zu tun; scharf (oder mittelscharf) ist daran höchstens der allerletzte Satz des Artikels: „Wer das Sommerloch allerdings für Interviews nutzt, nimmt in Kauf, dass noch die treuesten Fans plötzlich erkennen, was für ein reaktionärer und unangenehmer Charakter man möglicherweise schon immer gewesen ist.“ Diese Schluss-Pointe ist in meinen Augen der Makel von Schröders Glosse: Grundsätzlich sollte man bei den Aussagen und Taten bleiben (und sie konkret kritisieren), statt die Sache zu einer Charakterfrage zu machen (was jede Diskussion abwürgt). Aber wenn Schmidt, Schwarzer usw. auf Aline Schröder so wirken, wenn diese Leute für sie im Interview so rüberkommen, dann kann sie diesen Eindruck auch aufschreiben. Als Leser nimmt man das als ihre subjektive Sicht zur Kenntnis; und wenn man es besser weiß, widerspricht man ggf. in einem Leserbrief. Zumindest Schmidt wird Verständnis dafür haben, dass die Autorin ihren Text mit einer Pointe abschließen wollte – und vielleicht ja sogar dafür, dass sie es versemmelt hat.

    --

    To Hell with Poverty
    #10850677  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,113

    bullitt
    @bullschuetz Hmm, klingt nach Whataboutism. Weil Hatespeech schlimmer ist, darf man PC nicht kritisieren? Verstehe da den Zusammenhang auch nur bedingt.

    Für mich gehören die beiden Phänomene ziemlich offensichtlich zusammen, und ich denke, sie reagieren auch aufeinander (manchmal habe ich das Gefühl, sie nähren sich gar voneinander). Es geht in beiden Fällen um die Frage, wieviel verbale Rücksichtnahme im menschlichen Umgang miteinander nötig ist. Und oft sind es ein und dieselben Leute, die sowohl an der Verschiebung von rassistischen Sagbarkeitsgrenzen (Stichwort: „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“) als auch an der Denunzierung nichtrassistischer, nichtsexistischer Sprache als „political correctness“ arbeiten. Das geht ausdrücklich nicht gegen dich persönlich, aber dieses Grundmuster beobachte ich bei vielen.

    Deshalb muss ich, wenn ich Hassrede erlebe, die sich teilweise gar schon für salonfähig hält, im Strahl kotzen, während ich sprachliche Ueberregulierungswuensche aus Gründen der Rücksichtnahme nur kritikabel finde, ohne mich gleich entleeren zu müssen.

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    #10850695  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,062

    bullschuetz
    Und oft sind es ein und dieselben Leute, die sowohl an der Verschiebung von rassistischen Sagbarkeitsgrenzen (Stichwort: „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“) als auch an der Denunzierung nichtrassistischer, nichtsexistischer Sprache als „political correctness“ arbeiten. Das geht ausdrücklich nicht gegen dich persönlich, aber dieses Grundmuster beobachte ich bei vielen.

    Deshalb muss ich, wenn ich Hassrede erlebe, die sich teilweise gar schon für salonfähig hält, im Strahl kotzen, während ich sprachliche Ueberregulierungswuensche aus Gründen der Rücksichtnahme nur kritikabel finde, ohne mich gleich entleeren zu müssen.

    Danke dafür. Ich wollte mich hier eigentlich raushalten, aber genau das führt auch bei mir regelmässig zum Bedürfnis, im Strahl zu kotzen. Zudem ist es ja überhaupt nicht klar, ob Veränderung der Sprache eine Wirkung erzielen oder nicht, es gibt in der aktuellen (wissenschaftlichen) Diskussion soweit ich weiss beide Haltungen. Meiner Meinung nach ist ja schon etwas gewonnen, wenn überhaupt das Bewusstsein für das verletzende Potential, das jedem Sprachhandeln innewohnt, wächst.

    Das Gerede vom „Luxusproblem“ geht für mein Empfinden auch schon in eine ungute Richtung. Es mag ein Luxusproblem sein, es mag sein, dass diejenigen Leute, die für diese Debatten überhaupt Zeit (Geld) und Kraft haben, ärgere Probleme nicht haben, die andere Menschen haben, aber es ist mir zu einfach, da mit diffamierenden Pauschalurteilen zu kommen. Ich denke wir sollten alle mal ein Jahr oder zwei als Angehörige einer erkennbaren Minderheit (Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexuelle Orientierung, was auch immer) leben, um besser zu verstehen, wie anders dann die Wahrnehmung das Empfinden sein kann.

    Und das Gejammer über die Sprache bzw. deren „Verluderung“ kann ich allmählich auch nicht mehr ab. Hierzulande (wo das Geheul genau so laut ist, und leider auch nicht bloss von konservativer Warte oder vom Westfernsehen kommt) wird z.B. seit einigen Jahren vermehrt im lokalen Dialekt geschrieben, was ja eigentlich eine enorme Erweiterung der möglichen Ausdrucksformen mit sich bringt. Diejenigen, die sich über eine Underline oder ein Gendersternchen nerven, könnten ja z.B. auch ganz einfach von den Ingenieuren und Ingenieurinnen schreiben, dann hört der Gegenwind auch gleich auf und verhunzt wird gar nichts (ausser vielleicht das Cis-Männchen-Selbstwertgefühl, das natürlich nicht toxisch ist, schon klar).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10851427  | PERMALINK

    bullitt

    Registriert seit: 06.01.2003

    Beiträge: 20,633

    go1 Zu viel Aufregung ist ungesund; daher sollte man sich seine Wut für würdige Anlässe aufsparen (und die Auswüchse von „PC“ gehören da in aller Regel nicht dazu). Wer hat denn wen wodurch „diffamiert“? Zuletzt hast Du hier zwei harmlose Feuilleton-Artikel herumgezeigt, die bei Dir einen unerklärlichen Brechreiz ausgelöst haben …

    Kann mich jetzt nur noch wiederholen und im Prinzip hast du deine Frage ja selbst noch mal beantwortet. Sie unterfüttert ihre ideologische Agenda mit vorgetäuschten Argumenten, mit dem Ziel durch Diskreditierung und Herabsetzung Deutungshoheit zu erlangen. Ich nenne das Diffamierung, du verunglückte Posse. Wenn ich in letzter Zeit nicht ständig mit diesem Mist konfrontiert werden  würde, sähe ich das vielleicht ähnlich.

     Dabei stellt sie korrekt fest, dass all diese Leute ihre besten Zeiten hinter sich haben.

    Genau, das ist wohl von allen wohl das dümmste Nullarguement.

    bullschuetz Für mich gehören die beiden Phänomene ziemlich offensichtlich zusammen, und ich denke, sie reagieren auch aufeinander …

    Vielleicht reden wir nur aneinander vorbei. Um sprachliche Regulierung ging es doch gerade gar nicht und die thematisierten Artikel sehe ich wie schon gesagt als die kleinen Brüder von Hatespeech. Wenn jemand wie Joachim Gauck bewusst einseitig zitiert wird und damit seine Glaubwürdigkeit oder gar seine Zurechnungsfähigkeit infrage gestellt wird, müsste dir das doch auch sauer aufstoßen.

    So, und da zu viel Aufregung in der Tat ungesund ist, bin ich jetzt erst mal raus und gehe jetzt entspannt zum Tocotronic-Open Air…  :bye:

    --

    #10857907  | PERMALINK

    bullitt

    Registriert seit: 06.01.2003

    Beiträge: 20,633

    Weil es so schön hier zu Debatte passt: Ein schwarzer Ex-Fußballspieler wird wegen Hitler-Parodie des Rassismus bezichtigt. Genau mein Humor.  :yahoo:

     

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    #11699355  | PERMALINK

    ford-prefect
    Feeling all right in the noise and the light

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 9,654

    Am vergangenen Sonntag war Harald Schmidt in der Literatur-Sendung Druckfrisch zu Gast, Denis Scheck traf ihn zum Interview auf dem Kölner Tanzbrunne. In den kommenden Tagen bring Schmidt als Herausgeber ein Buch über Thomas Bernhard heraus.

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    Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!
    #11700121  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Das Interview in der NZZ war unterhaltsam. Fernsehen in der Art von Harald Schmidt würde aber heute nicht mehr funktionieren und gerade auch bei einem jüngeren Publikum nicht mehr greifen. Ich fand ihn immer kult, aber auch überbewertet.

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