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castorp
Das ist nicht weniger pauschal, relativierend dazu.
Das ist gerade das Gegenteil von pauschal, nämlich ein Einwand gegen voreilige Verallgemeinerung. Der Einzelfall, mit dem man es zu tun hat, kann beliebig weit abweichen von jedem Typus und Gruppen-Durchschnitt.
castorpIch wage mal die steile These, dass zwischen dem Weltbild eines Mannes aus, sagen wir, Saudi-Arabien, und dem eines durchschnittlichen Mitteleuropäers Lichtjahre liegen. Ganz klar voneinander abgegrenzt. Und selbstredend verhält sich ein Großteil dieser Männer entsprechend ihrem kulturellen Erbe. Dass „alle“ nie stimmt, ist doch klar. Auch dass sich das eigene Weltbild im Austausch mit anderen Kulturkreisen ändern kann, ist nicht zu bestreiten. Aber alle Kulturen gleich zu bewerten ist falsch und absolut nicht zielführend.
Wir können das irgendwann mal in einem passenden Thread diskutieren, aber: Geht es nicht eine Nummer kleiner? Wozu soll es gut sein, „Kulturen zu bewerten“, warum nicht einfach Kritik üben an konkreten Einrichtungen, Sitten, Gebräuchen, Vorurteilen, Ideologien oder politischen Strömungen, die man für schädlich hält? Wahhabismus etwa, wenn es um Saudi-Arabien geht. Was man für falsch hält, kritisiert man da, wo man es vorfindet. Das ländliche Patriarchat zum Beispiel ist im islamischen Anatolien nicht groß anders als im christlichen Sizilien und wenn man es überwinden will, kritisiert man die Ideologien und Praktiken, die dazu gehören. Was Menschen tun, ist aber nicht einfach die Wirkung eines „kulturellen Erbes“ (von Sitten und Gebräuchen, die irgendwo üblich sind, herkömmlichen Wertmaßstäben und Erwartungen an bestimmte Leute, sich jeweils so oder anders zu verhalten); das ist alles etwas komplizierter.
castorpSchon gar nicht wenn es darum geht, sich der Herausforderung einer multikulturellen Gesellschaft zu stellen.
Hier ging es eigentlich darum, dass Deine spezielle Definition von „Rassismus“ nicht das Maß aller Dinge sein kann. Auch wenn er ihr nicht entspricht, könnte es möglicherweise gute Gründe geben, Morrissey Rassismus zu unterstellen.
castorp
Das ist so, als würde man eine „aufrüttelnde“ Dokumentation über die Massentierhaltung in Niedersachsen sehen und daraus schließen, dass es sich bei den Niedersachsen um einen besonders grausamen Menschenschlag handeln muss („die sind eben so“)
Genau das würde Morrissey doch machen, bzw. tut er es in aller Regelmäßigkeit.
Der Punkt ist eben, dass die Äußerung nicht bloß geschmacklos ist, sondern dämlich und rassistisch. Außerhalb fiktiver Beispiele sind „Lower-Saxons“ selten Objekt von Rassismus, daher fällt die Absurdität mehr auf, aber das Prinzip ist dasselbe.
Aber mal was anderes: Bist Du schon dazu gekommen, das Album anzuhören? Sind ein paar gute Tracks dabei? (Ich kann zwischen Kunst und Künstler trennen und könnte mich überreden lassen, mir das Album anzuhören.)
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To Hell with Poverty