Antwort auf: Childish Gambino

Startseite Foren Über Bands, Solokünstler und Genres Solokünstler Childish Gambino Antwort auf: Childish Gambino

#10724803  | PERMALINK

friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

Beiträge: 4,885

@bullschuetzKenn ich, haben mich meine Kinder drauf gestoßen. Und packt mich. Geprägt bin ich eben durch klassischen Soul, seine Zeit und ihre Ikonen (Muhammad Ali, Malcolm X, Martin Luther King usw). Das fand ich alles immer nicht nur politisch inspirierend, sondern auch intellektuell packend und vor allem kulturell endlos faszinierend. Mehr Strahlkraft und Aura als bei den großen Soulsaengern dieser Zeit, Ali oder X geht kaum. Von da ausgehend hat sich mir vieles andere erschlossen, das in dieses Bild mit hineingehoert, von Jazz bis zu Geschichte (Nat Turner) und Literatur (William Baldwin). Aber mich fesselt auch die Linie, die von haargenau dieser Tradition in die Gegenwart führt: Hiphop. 2Pac. Kendrick Lamar, der sich wiederum auf dieses ganze kulturpolitische Geflecht bezieht, von James Brown bis Nat Turner, von Kunta Kinte (Alex Haley, „Roots“) bis 2Pac. Die Kombination aus existenziell-politischer Dringlichkeit und kulturellem Charisma, die in all dem steckt, bewegt und begeistert mich, und ich sehe Childish Gambino definitiv als Stein in diesem Mosaik.

bullschuetzDas Ganze ist auch so spürbar ein kulturelles Kontinuum, in dem alles mit allem zusammenhängt: Wenn Du Dir die Pressekonferenzen des jungen Ali anschaust, dann hörst Du da einerseits Echos der Gospeltradition (das Predigende, das Theatralische) und andererseits sowas wie Rap avant la lettre (die Rumreimerei, die rhythmisierte Rede, das witzige Geprahle). Und der Hiphop nimmt wiederum diese ganze Tradition in sich auf, den Stolz (und auch den Materialismus) von James Brown, die Selbstermaechtigungswucht von Ali, die Ueberwaeltigungsrhetorik der Gospelprediger und so weiter und so fort, paart es mit aktuellen Strassenerfahrungen, dem neuesten heißen Technikscheiss (Sampling, Drumcomputer) und erschafft den Next-Generation-Soul. Und das geht immer weiter…
Deshalb hatte mich To Pimp A Butterfly seinerzeit auch so gepackt: weil ich da in der Musik wie in den Texten dieses lebendige Strömen einer wirklich tief verinnerlichten Tradition wahrnahm, eines kulturellen Erbes, das aber nie museal wird, sondern sich ständig erneuert (und leider immer wieder aufs Neue gegen denselben alten beschissenen Rassismus aufbegehren muss).

Sehr schön geschrieben!

Solche Kinder hätte ich auch gern, bzw. ich hätte gern Eltern gehabt, die sich für sowas begeistert hätten. ;-)

Mir fehlt aktuell leider die Zeit, mich ausführlich dazu zu äußern. Offen gesagt stecke ich da auch nicht so tief drin, als dass ich allzu viel Schlaues dazu sagen könnte. Aber die Faszination für dieses „kulturelle Kontinuum“ (wenn man sich etwas hip ausdrücken wollte, würde man sagen: dieser „Narrativ“ ;-) ) verspüre ich auch. Selbst wenn ich mich wiederhole: RJ Smith beschreibt ja auch James Brown als eine Figur, die tief in der Geschichte von Black America verwurzelt ist. Gleichzeitig gibt es auch aus heutiger Zeit immer noch und immer wieder Rückbezüge nicht nur auf ihn sondern auf vieles aus der Vergangenheit, nicht nur im Hip Hop. Apropos: Kendrick Lamars How To Pimp a Butterfly habe ich mir inzwischen auch besorgt. Aber dafür brauche ich noch etwas Zeit.

Aber zurück zu Childish Gambino. Ich habe ihn erst durch das This Is America-Video kenngelernt und kenne von ihm bislang zwei Alben, bzw. ein Mixtape und ein Album.


Culdesac (2010), ein sehr gutes Mixtape bzw. ein Album, das man legal und kostenlos hier downloaden kann und soll. Und da gibt’s auch noch anderes.


„Awaken, My Love!“ (2016), das letzte reguläre Album.

Dazu hoffentlich später mehr.

Eigenartiges Zusammentreffen der Ereignisse: Bei der gerade ebigen Oscarverleihung gewann ausgerechnet das schwedisch-stämmige Weißbrot Ludwig Göransson den Oscar für den besten Film Score, Black Panther. Genau dieser Ludwig Göransson ist auch der engste musikalische Partner von Childish Gambino. Er ist CGs Co-Autor, Co-Produzent und Multiinstrumentalist zugleich.

--

„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)