Antwort auf: Die Zauberflöte ein "Machwerk“?

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gruenschnabel

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bullschuetzIch will 9/4 ja nicht in die Tonne treten, nur mal zu bedenken geben… Und ich räume ein: Der vierte Satz arbeitet natürlich damit, dass ihm drei vorausgehen. Den Schlusssatz isoliert als „Best of Classic“ zu hören, ist schon ignorant.
Bolero empfinde ich anders: Da ist die Reduziertheit Prinzip und der Spannungsbogen lang und maehlich. Aber wenn ich drüber nachdenke, gefällt mir die Neunte besser…
Die Fünfte: Maximale Wucht und Schwere, dann sofort dieses schnelle Hochtippeln, das finde ich schon als Ausgangsmaterial komplexer, rhythmisch durchaus ausgebufft, mehr Intervalle, größerer Tonumfang. Durchdekliniert wird aber dann natürlich auch fleißig, was ja auch nichts Schlechtes ist.

Ja, klar. Ich hatte Otis‘ Eingangsposting damals auch als Anstoß verstanden, Möglichkeiten der ästhetischen Infragestellung zu erwägen. Ums Abbügeln geht’s hier sicher keinem von uns.
Und wir scheinen uns auch im Weiteren einig zu sein: Hinweise auf Schlichtheit/Einfachheit, auf durchgängige Sekundschrittbewegungen, gleichförmige Rhythmen und das Prinzip der Beschränkung auf minimalistisches Material liefern keine Erklärungen für ästhetische Defizite.
Nur beim Beginn der 5. möchte ich nochmals einhaken: Der Vergleich des Ausgangsmaterials mit dem des „Freude“-Themas bringt m.E. schon das Ergebnis, dass es sich beim „Anklopfen des Schicksals“ eben um eine fast schon lächerlich simple Tonfolge (nur Takte 1 und 2!) handelt, aus der heraus dann die Entwicklung des Satzes fast monothematisch fortgeführt wird. Dagegen ist die Melodie zum Schiller-Text ja wirklich „substanziell ergiebiger“, oder nicht?
Alfred Brendel äußert sich über Beethovens Spätstil übrigens so: „Einer neuen Kompliziertheit entspricht, als ihr Gegenpol, eine neue Kindlichkeit. Das scheinbar Übersteigerte steht neben scheinbar Kunstlosem, Schroffheit neben neuartiger lyrischer Entspanntheit. Simples, Primitives, Populäres, Derbes findet in der Musik Platz, ohne daß deren Rahmen gesprengt würde.“ (aus „Nachdenken über Musik“)
Könnte man, denke ich, durchaus auf die 9. beziehen.

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