Antwort auf: James Brown

#10710219  | PERMALINK

friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Offen gesagt – ich habe die Reportage überhaupt nicht gelesen.

Letztens stand ich nach dem Einkauf im Supermarkt am Zeitschriftenregal vor „Neue Revue“ und „Frau im Bild“ (oder so) mit Titelzeilen wie „Die ganze Wahrheit: Jetzt spricht Florian“ und dachte: In diese Kategorie gehört die Geschichte über den angeblichen Mord an James Brown wohl auch. Der Wahrheitsgehalt ist vermutlich eher gering und zu vernachlässigen aber die Spekulationen sind umso haarstäubender.

Nach der Lektüre mehrerer Bücher über James Brown – u.a. die ausgezeichnete Biografie von RJ Smith und die lesenswerte Autobiografie, die natürlich ein etwas anderes Bild von James Brown zeichnet – hatte ich mich ja hier vor einiger Zeit (vermutlich etwas zu ausführlich) über James Brown ausgelassen. James Brown ist sicher nur eins von vielen Beispielen dafür, dass große Künstler oft keine besonders umgänglichen Menschen sind. Man kann das wohl teilweise mit seiner Kindheit und Herkunft erklären, ob man es damit rechtfertigen kann, wage ich nicht zu beurteilen. Aus heutiger Sicht würde man JB wohl ganz anders beurteilen als zu seinen Lebzeiten und erst Recht zur Zeit seiner großen Erfolge. Die aktuelle MeToo-Debatte würde JB sicher keine 5 Minuten lang überstehen. Und mit Elvis hat er sicher den zuerst immensen Erfolg und die Rolle als Idol einerseits und den späteren Niedergang als Künstler und den parallelen Verfall der Privatperson andererseits gemein. Bei JB spielte sich das nur noch mehr in der Öffentlichkeit ab und zog sich viel länger hin als bei Elvis. Natürlich regt das zu Klatschgeschichten, Spekulationen und Verschwörungstheorien an.

Für mich macht aber auch gerade seine Widersprüchlichkeit James Brown so faszinierend.

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)