Antwort auf: Spex

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pipe-bowl
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Cookie Pusher

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herr-rossi@pipe-bowl: Du weißt doch, dass ich die Rockfraktion gerne etwas necke … Rock ist jedenfalls nichts mehr, was für die Jugendkultur eine größere Bedeutung hätte, da hat Rap längst die Hoheit übernommen – die Stars des Rap inszenieren sich aber durchaus vergleichbar den Rockstars früherer Zeit – Größenwahn, ausgestellte Virilität, bewusste Normenverletzung und Hang zur Selbstzerstörung inbegriffen. Natürlich wird es weiterhin Rock geben und Gitarrenmusik, aber wer unbedingt heute noch „Teil einer Jugendbewegung“ sein möchte, würde da aufs falsche Pferd setzen. Das ist aber auch sicher nicht Dein Anliegen – ich habe Dich auch nie als Nostalgiker erlebt, der vergangenen Zeiten nachtrauert. Unter der Prämisse kann man heutzutage sicher auch als Rockhörer noch eine gute Zeit haben.

@herr-rossi: das ist alles schlüssig für mich, allerdings an der Stelle, wo Du mir den Nostalgiker-Status absprichst, zu viel der Ehre. Ich trauere zwar vergangenen Zeite nicht nach, erwische mich aber schon häufig dabei, mir die alten (guten!) Zeiten wieder ins Gedächtnis zu rufen. Und wie ginge das besser als mittels Musik? Und in der juvenilen Phase erlebte man Rockstars auch nicht unbedingt als reine Poser, sondern u.a. so wie Du sie beschriebst. Sie wirkten oftmals außerhalb verhasster Normen, vermittelten Attribute wie Unangepasstheit, Stärke, Wut und Zorn und das machte sie attraktiv. Diese Rockstars sucht man im fortgeschrittenen Alter nicht mehr. Mit 14 fand ich es cool, dass mir Ritchie Blackmore (Rockstar!) Bier über den Kopf schüttete oder dass sich die Bandmitglieder von Led Zeppelin aus der Küche ihres noblen Hotels hochpreisige Steaks orderten, um direkt aus ihrer Suite am Pazifik Haifische zu angeln. Irgendwann wurde einem dann bewusst, dass das nicht revolutionär sondern dekadent war. Dennoch passte genau dieses Gebaren in diese Zeit. Fernseher aus dem Fenster zu werfen, war Rock and Roll. Das wurde dann aber von den Entwicklungen eingeholt. Auf einmal gehörte man zum verhassten Establishment, weil man zu groß geworden war. Wobei man nicht den Fehler machen sollte, die daraus resultierenden Entwicklungen (Punk!) als etwas ausschließlich Innovatives wahrzunehmen. Man war letztlich wieder rebellisch und bewegte sich außerhalb von Normen. Geschichte wiederholte sich somit und musikalisch bediente man sich ja auch aus dem Fundus, den die Geschichte des Rock’n’Roll lieferte.

Was Rockmusik heute anbelangt, so ziehe ich die Grenzen nicht so eng, dass es bei irgendwelchen Kopisten alter Helden endet. Rockmusik hat Facetten, einige hast Du ja selbst genannt. Greta Van Fleet machen ihre Sache übrigens gar nicht schlecht und dass der Sänger nach Robert Plant klingt, macht sie für mich nicht zu reinen Klonen. Teil einer Jugendbewegung dürfen inzwischen zwangsläufig gerne andere sein, mein Interesse liegt darin, als Musikhörer mit alter und neuer Musik, egal ob innovativ oder nicht, eine gute Zeit zu haben. Das klappt.

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