Antwort auf: Spex

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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@go1Bei diesem Einzelbeispiel liegt es zwar nahe, sich an die Stirn zu tippen: Die Musik, die man hört, zu einer Kette von Ursachen und Wirkungen zu verknüpfen, dürfte nicht einmal einem Spex-Schreiber gelingen, und wenn jemand mit einem „Narrativ“ daherkommt, sagt man ihm am besten: Erzähl mir nix. Aber wenn man den Satz im Zusammenhang liest (die Besprechung ist online), dann merkt man: Der Autor will sagen, dass man der Musik keine Interpretationen aufzwingen, sondern einfach den Klängen lauschen soll. Und es stimmt ja, dass es auf einer Fabric Live-CD um „Rhythm & Sound“ geht und nicht um Bedeutungen. Es ist halt schwer, eine gute Einleitung für einen Text zu finden, und diesem Rezensenten (Philipp Rhensius) ist es hier missglückt.

Ja, ich verstehe den Autor sogar und ich gebe ihm auch recht. Wie gesagt: Ich selbst bin von der SPEX geprägt, sie hat meine Art Musik zu hören und darüber zu denken und zu sprechen und zu schreiben beeinflusst, auch wenn ich sie heute schon lange nicht mehr lese. Vielleicht hält mir die SPEX mit solchen Texten sogar ein bisschen den Spiegel vor.

Mir kommt es inzwischen aber etwas affektiert vor, wenn bei einem Review einleitend wie in einem Hochschulseminar über die Rezeption und die Bedeutungszusammenhänge von Popmusik philosophiert wird um dann auf das eigentlich Selbstverständliche zurückzufallen – nämlich dass es darum bei einem DJ-Mix eben gerade nicht geht, sondern um das unmittelbare sinnliche Erleben. Genau das macht ja die Ravekultur aus. Party!

Damit wird die Musik mit einem intellektuellen Überbau überfrachtet und ich frage mich, was am Ende wichtiger ist, die Musik oder der Text. Oder sogar der Autor selbst. Das kommt mir „typisch SPEX“ vor. Vielleicht ist es auch einfach das hyperinflationär verwendete Wort „Narrativ“, das ich einfach mit mehr lesen mag.

Vor 25 Jahren hätte ich das aber toll gefunden! ;-)

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)