Antwort auf: Spex

#10616073  | PERMALINK

alberto

Registriert seit: 04.12.2007

Beiträge: 1,974

herr-rossi@ flashbackmagazine: Belege? Oder „gefühlte“ Realität?

alberto Es ging letztens durch die Medien, dass weniger Bücher gelesen werden, sowohl auf Papier als auch elektronisch.

Ist mir zu vage, was heißt „weniger“? Und wer genau liest weniger? Mir werden jedenfalls definitiv zu schnell Totenglocken geläutet.

Dass „die Jugend von heute“ nicht mehr Zielgruppe von Musikzeitschriften ist, ist ja das Kuriose. Wären die BRAVO oder Pop/Rocky ohne Musik denkbar gewesen?

Das war aber auch eine Zeit, in der Pop und Rock als Jugendmusik galten, das hat sich ja gründlich geändert. Wofür sollten Jugendliche heute noch eine Bravo benötigen? Aufklärung? Dr. Sommer ist längst durch Youtuber wie „61 Minuten Sex“ und Lisa Sophie Laurent abgelöst worden. Musik? Man kann seinen Idolen auf Twitter und Instagram folgen, man kann sich Interviews, Auftritte usw. auf Youtube anschauen, man kann in Reddit-Gruppen über alle Neuigkeiten diskutieren, die Musik hört man auf Spotify & Co. – Und wer in die Tiefe gehen will, findet alle Lyrics auf Genius, kann auf Wikipedia Diskographien zu fast allen Künstlern und ausführliche Artikel zu unendlich vielen Alben und Tracks studieren, sich auf Rateyourmusic und Metacritics über die Bewertungen anderer Hörer und von professionellen Kritikern orientieren, auf Webseiten wie Pitchfork und Stereogum über Neuerscheinungen informieren, kann Reviews auf zahllosen Seiten lesen (auch bei traditionellen Medien wie Spiegel, Guardian usw.), kleineren Bloggern für seine speziellen Interessen folgen usw. usw. – Allein die Tatsache, dass es so unglaublich viel zum Thema Musik im Netz gibt, widerlegt doch die These, dass heute niemand mehr an Musik interessiert ist. Aber irgendwer wird mir jetzt bestimmt erklären, warum das alles nur Schall und Rauch ist … Es gibt übrigens auch Nischenzeitschriften, die sich an ein jüngeres Publikum richten, z. B. K*Bang, die deutsche Ausgabe des Magazins für koreanische Popkultur.

Irgendein Medium hat im weiteren Vorfeld der Buchmesse das veränderte Leseverhalten analysiert. Wann und wo das war, weiß ich nicht mehr.

Die ganzen Online-Informationsmöglichkeiten über Musik helfen vielleicht dem, der mit dem Musikhören ein persönliches Wellness-Erlebnis anstrebt. Wem es um die Zugehörigkeit zu Clique oder Schulklasse oder auch nur um den „Kanon“ an aktueller Musik geht, den man als junger Mensch kennen muss, um nicht als von gestern dazustehen, dem helfen diese Nischenkanäle nicht. Er braucht ein kompaktes und übergreifendes Medium, das ihm (nur) sagt, was er wissen möchte. Früher haben die „Formel Eins“ im Fernsehen und die BRAVO (die Musikseiten, nicht die Aufklärungsseiten) diese Funktion erfüllt. Ich sehe heute kein entsprechendes Medium.

--