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gypsy-tail-windEine kleine Randnotiz nur, weil JB sich ja bekanntlich von Tricky Dick um den Finger wickeln liess:
Noch machen die Weissen 65 Prozent der Bevölkerung aus. Aber 50 Prozent aller Unter-18-Jährigen sind nicht weiss. Die Parteien können also entweder auf deren Bedürfnisse eingehen oder versuchen, die Nicht-Weissen am Wählen zu hindern. Die Republikaner haben mehr und mehr Menschen ihr Wahlrecht geklaut, Restriktionen eingeführt, raffiniert Wahlbezirke eingeteilt. Sie haben die Nicht-Weissen dämonisiert und weisse Ressentiments befeuert. Diese «Southern Strategy» startete mit Nixon. Um im zunehmend nicht weissen Amerika die Macht zu halten, müssen sie immer undemokratischer, autokratischer werden. Am Ende suspendieren sie die Demokratie. Oder die Demokratie suspendiert sie: Wir Amerikaner lassen uns nicht so leicht unterwerfen.
Aus einem lesenswerten Interview mit Rebecca Solnit – bin mir zwar nicht sicher, ob ihre Breitseite gegen Mark Lilla sinnvoll ist, aber die Haltung kann ich natürlich bestens nachvollziehen (ein Sanders-Freund war ich nie, auch wenn er natürlich statt Hillary hätte ins Rennen gehen müssen).
Gibt jedenfalls schon sehr zu denken – auch der Rest des Interviews.
Sehr interessant. Thx @gypsy-tail-wind dafür.
Ein ganz schöner Rundumschlag von Rebecca Solnit, bei dem sie kaum was auslässt, oder? Ein echter verbaler Roundhouse Kick!
Aber zurück zu JB. JBs politisches Engagement war – zurückhaltend ausgedrückt – komplex und widersprüchlich. Erst unterstützt er den Demokraten Hubert Humphrey, dann den Republikaner Richard Nixon. Er singt „I’m Black And I’m Proud“ und nennt gleichzeitig den Befürworter der Segregation Strom Thurmond seinen Freund. Welchen Sinn ergibt das?
Auch wenn ich mich nicht wirklich damit auskenne, ich glaube Rebecca Solnit irrt sich, wenn sie sagt, dass die Restriktionen gegenüber Nicht-Weißen mit Richard Nixon begannen. Die begannen wohl schon viel, viel früher. Möglicherweise gab es immer mal wieder ein besonders herausragendes Aufbäumen einer weißen Mehrheitsgesellschaft, die Angst hat, in die Minderheit zu geraten oder zumindest die Kontrolle zu verlieren. Richard Nixon mag eine Ausformung davon gewesen sein und Donald Trump mag eine andere sein.
Es ist eigenartig, wie JB immer wieder die Nähe von mächtigen Männern suchte, meist von mächtigen weißen Männern. Aber in seiner Zeit waren eben auch fast alle mächtigen Männer Weiße. Und da war er offenbar nicht zimperlich, welche politische Gesinnung diese Männer hatten. Ich unterstelle mal: JB wollte auch ein mächtiger Mann sein. In seiner Band war er das ja sogar, da herrschte er wie ein Diktator. Als Geschäftsmann war er am Ende nicht so erfolgreich. Sein Verhalten gegenüber Frauen würde der aktuellen Me Too-Debatte in keiner Weise standhalten. Man könnte zu dem Eindruck gelangen, dass JB versuchte, als machtloser Schwarzer wie ein mächtiger Weißer zu handeln – womit er sich natürlich in unauflösbare Widersprüche verwickelte. Aber das Vorbild des „mächtigen Schwarzen“ gab es für ihn ja auch nicht.
RJ Smith zeichnet in seiner JB-Biografie die Figur JB wie eine fleichgewordene schwarze Emanzipationsbewegung, eigentlich als einen schwarzen Aufstand, mit allem Hick und Hack, wo man Erfolg und Scheitern nicht mehr auseinanderhalten kann. Aber Hauptsache, man hat’s versucht.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)