Antwort auf: 2018: Jazzgigs, -konzerte & -festivals

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Elina Duni „Partir“ – Zürich, Moods – 11.05.2018

Elina Duni, voc, p, g, perc

Eine langjährige Beziehung sei in die Brüche gegangen, so liest man, das fabelhafte Quartett von Duni hat sich wohl aufgelöst, seit einiger Zeit ist sie z.B. mit Jean-Paul Brodbeck am Piano unterwegs und hat gerade für ECM ein erstes Solo-Album herausgebracht (mein Exemplar ist noch nicht angekommen). Ob das alles eine Rolle spielt? Wieso ich das an den Anfang stelle? Ich weiss es selbst nicht so genau, aber Bemerkungen über die Sinnsprüche und Karten am Kühlschrank und ähnliches sind nicht, was man bisher bei einem Konzert von Elina Duni zu hören kriegte. Man kriegte aber auch nicht annähernd so viel von ihrer wunderbar warmen und voluminösen Stimme. In „Partir“, ihrem Solo-Programm, flechtet sie einen Strauss von Liedern in unterschiedlichen Sprachen zusammen mit Geschichten über Abschiede – den Abschied aus dem Albanien ihrer Kindheit, den Abschied von Freunden, den Abschied der Braut von den Eltern, das Ende von Beziehungen … dass die dazwischen gesprochenen Worte – in einem charmanten, französisch getönten Hochdeutsch – manchmal etwas gar nach Kalendersprüchen klangen, nach eben den Sinnsprüchen am Kühlschrank, störte mich jedenfalls schon bald nicht mehr, so sehr vereinnahmte mich Duni mit ihren Liedern. Sie betrat den Club über die Galerie, ohne Mikrophon singend, kam die Treppe herab, ging auf die Bühne, stets singend – schon das ein starker Auftritt. Auf der Bühne waren der Flügel, die akustische Gitarre und ein paar Rahmentrommeln bereit, zudem ein Mikrophon am rechten Rand, dan das sie sich manchmal stellte, um zu erzählen oder auch um zu singen. In die Jazzecke gehört das eigentlich gar nicht mehr, was sie gestern gemacht hat, aber Grenzen überschritt sie ja immer schon, mit Liedern aus dem ganzen Balkanraum, gesungen in diversen Sprachen, dazwischen fanden aber auch schon früh Chansons von Jacques Brel ihren Platz, dessen „Je ne sais pas“ gestern den grossartigen Schlusspunkt darstellte – es folgte noch eine Zugabe, die war schön, aber auch überflüssig. Mit Brodbeck, im Duo, singt sie schon länger ein Billie Holiday-Programm (ich hörte es im Juni 2016 in intimem Rahmen und liess daher spätere Aufführungen in grösseren Lokalitäten bleiben) und auch ins Solo-Programm fand einer der Songs Eingang, „Willow Weep for Me“, zu dem Duni sich an der Gitarre begleitete. Sie sang auch unbegleitet oder stampfte mit den Füssen oder klopfte gegen die Brust – und so ist dieses Solo-Programm in vielerlei Hinsicht ein Alles, ein Ganzes, in das Duni völlig eintaucht und sich zugleich dem Publikum entblösst – natürlich sollte man dabei nie vergessen, dass hier eine längst gestandene Künstlerin am Werk ist, die das Spiel beherrscht und das Publikum um den Finger zu wickeln versteht. Welche der Geschichten, der Abschiede nun tatsächlich biographisch gefärbt sind, welche erdichtet und welche universaler Natur sind, spielt am Ende keine so grosse Rolle, denn eben: vom Gehen, Weggehen, von der Veränderung handelten ihre Lieder schon immer.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba