Antwort auf: 2018: Jazzgigs, -konzerte & -festivals

#10472555  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 67,069

Sylvie Courvoisier Trio – Zürich, Moods – 06.05.2018

Sylvie Courvoisier, p
Drew Gress, b
Kenny Wollesen, d

Rollende Bässe, präparierte Saiten, kleine Riffs und endlose Linien, wilde Arpeggi und Passagen, die an Cecil Taylor erinnern … aber auch viel Funk und überhaupt viel Leben gab es zu hören in der Musik, die das Trio der Lausanner Pianisten Sylvie Courvoisier gestern im Moods spielte. Man kannte die meisten Stücke von der Intakt-CD, die schon vor einigen Wochen erschienen ist, doch live kam das Material in ausgedehnten Versionen daher. Das Zusammenspiel war präzise und beweglich, die drei waren mit Konzentration aber auch mit Freude bei der Sache, die manchmal recht vetrackten Rhythmen, die Wechsel zwischen verschiedenen Teilen der Stücke, die da und dort abrupten Enden – alles klappte, wie es sollte. Das erste Set erreichte einen unglaublichen Flow, und es schien kaum enden zu wollen. Schon der Beginn überraschte, denn bereits ein paar Minuten zu früh ging es los, und das Set dauerte um die 90 Minuten. Nach einer kurzen Pause kam das Trio zurück und spielte noch einmal eine Stunde, den Flow des ersten Set erreichte die Band nicht mehr ganz, dafür kam der Funk jetzt richtig zum Vorschein – dabei war das alles äusserst differenziert, die drei arbeiten geschickt mit Dynamik, auch Wollesen spielte manchmal sehr leise, mit den Fingern, mit verschiedenen Besen, Sticks und einmal auch mit Mallets.

Ich sollte wohl mehr von Courvoisier anhören, erst mal die paar älteren CDs, die schon da sind wiederhören, denn bisher, ich erwähnte es anderswo, als ich die neue CD entdeckte, wurde ich mit ihr nur selten richtig warm. Das hat sich mit diesem Trio grundlegend geändert, sowohl CD wie auch das gestrige Konzert sind hervorragend. Im Ansatz folgt die Musik wohl verschiedenen Tendenzen des Jazz der letzten zwanzig Jahre, die ich oft etwas abschreckend finde: komplexe Strukturen, zickige Beats, Montagen … doch bei diesem Trio klappt das für mein Empfinden bestens, nichts wirkt verkopft, nichts aufgesetzt, nichts beliebig aneinandergeklebt, sondern das ist einfach genau die Musik, die dieses Trio machen will und kann, um nicht zu sagen: muss.

Toll!

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba