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Anonym
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gypsy-tail-wind Dass das eine Musik des Abschieds sei – nach den Kindertotenliedern (der eigentlichen Neunten?), von denen Mahler ja mit dem Tod seiner Tochter 1907 gewissermassen eingeholt wurde, und keine Rückkehr zu „geordneten“ orchestralen Bahnen nach der überdimensionierten Achten (die ich vor vielen, vielen Jahren schon einmal angehört habe, vom Konzert mit der Sechsten in der Tonhalle – auch da fehlten mir die Worte – und dem gestrigen mit der Neunten abgesehen die einzige der Symphonien, die ich schon angehört habe, am besten kenne ich das „Lied von der Erde“), „sondern vielmehr eine Überhöhung, ja Entmaterialisierung“, wie Thomas Meyer in seinem ausführlichen Essay im Programmheft schreibt, das leuchtet alles ein – nicht bloss aus dem Rückblick sondern durchaus aus musikalischen Gründen (ich lese den Essay auch erst jetzt, nach dem Konzert).
Ob die Kindertotenlieder die „eigentliche“ Neunte gewesen seien? Vermutlich nicht, wie nie etwas „eigentlich“ etwas anderes ist. Man kolportiert immer, dass das Lied von der Erde die eigentliche Neunte sei, aus Angst oder so (vor der „ominösen“ Neunten von Beethoven, von Bruckner, nach denen nichts mehr kam, anders genannt wurde usw.). Daran glaube ich keine Minute. Und ich glaube auch nicht, dass Mahler vom Tod „eingeholt“ wurde durch den Tod seiner Tochter, er hatte ihn ja schon zuvor in sich. Es geschieht dann aber etwas im sehr eigenen Leben, das noch mehr sprachlos macht, als man zuvor schon gewesen ist. Man kann auch bei einem noch lebendigen Kind an seinen Tod denken, oder überhaupt an den Tod. (Zum Tod der Tochter von Alma und Gustav Mahler als Eltern steht uns gar kein Wort zu, sicher überflüssig, diese Ergänzung.)
Im ersten Satz scheint man sich durch eine Trümmerlandschaft zu bewegen, die im zweiten dann durch eine derbe Groteske konterkariert wird. Danach wurde in Ruhe nachgestimmt, Rattle stieg vom Podest und trank ein Glas Wasser. Weiter ging es, vom Widerstreit hin zur fast schon lähmenden Ernsthaftigkeit des Schlussatzes, den das Publikum folgerichtig zerhusten musste – bis dahin war es wunderbar still, jetzt, wo die Musik bis zum letzten forderte, liess sich das halbe Publikum abhängen und hustete munter in die leisesten, konzentriertesten Passagen hinein.
Wer im Schlusssatz der Neunten hustet, hat halt anderes im Sinn als Mahler. Sektcanapés oder so etwas.
Trümmerlandschaft, das finde ich ein interessantes Wort zu diesem ersten Satz. Er beginnt mit einer Regung, sehr einfach, sofort in den Widerhall genommen zwar, aber eben weitergehend (für mich in einem großen Gesang, der allerdings weiß, dass das Singen nichts bringt). Ist das eine Trümmerlandschaft, durch die gegangen wird? In mancher Laune möchte ich sehr zustimmen, in anderer Laune würde ich sagen, da liegt etwas über den Trümmern, das zumindest kein Himmel einlösen kann. In dieser Leere gibt es wenig Worte oder Musik. Und die „Groteske“ und auch der dritte Satz nageln die Leere zu und öffnen sie durch das täppische Tanzen, mehr gibt es nicht. Außer den letzten Satz.
Er ist nicht „neu“, er ist die Summe aus vielen Beschwichtigungs- und -besänftigungsversuchen, die Mahler seit mindestens der dritten Symphonie explizit gemacht hat – dazu gehört auch der zweite Satz der Achten, bei dem ihm zur Länge die Textvorlage und die Goetheverehrung geholfen hat. Er ist nicht neu – er ist sehr anders, wie auch der erste Satz der Neunten. Wenn man das Abschied nennt, impliziert es den Willen aufzuhören und irgendeinen Summawillen. Das höre ich da nicht – außer, dass er sich einstellt, weil irgendwann das Sprchen wirklich schwerfällt und auch – Tode zu beklagen sind, die nicht mehr aufhören.
Die Zehnte – und es genügt schon der erste Satz bei der unübersichtlichen Textlage – ist komponiert, als ob es keine Zugeständnisse mehr geben solle.
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