Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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Luzern, KKL, Konzertsaal – 22.04.2018
 
Mozart-Gala
Regula Mühlemann
– Sopran
Kammerorchester Basel
Umberto Benedetti Michelangeli
Leitung
 
Wolfgang Amadeus Mozart
Sinfonie Nr. 36 C-Dur KV 425 „Linzer“ (1783)
„Exsultate, jubilate“, Motette für Sopran und Orchester KV 165 (1773)

„Ah, lo previdi“ für Sopran und Orchester KV 272 (1777)
Sinfonie Nr. 34 C-Dur KV 338 (1780)
„Ah se in ciel, benigne stelle“, Konzertarie für Sopran und Orchester KV 538 (1778/1788)

Zugabe: JOHANN STRAUSS JR: Frühlingsstimmen Op. 410 (Richard Genée)
 
Letzten Sonntag ging es am Nachmittag nach Luzern, um Regula Mühlemann ein zweites Mal zu hören (das „Exsultate, jubilate“, seit längerem ihr Paradestück, stand auch beim Konzert in der Tonhalle im Dezember auf dem Programm). Das KKL war ausverkauft (die Tonhalle leider nicht) und bis unters hohe Dach gefüllt – was auch damit zu tun haben mag, dass das für Mühlemann ein Heimspiel ist, sie stammt aus der Umgebung von Luzern.

Los ging es etwas verhalten mit der „Linzer“-Symphonie – ein Adagio zum Auftakt, das zwar in ein „Allegro spiritoso“ mündet, doch dann folgt gleich ein Andante, und erst mit dem Menuetto an dritter und dem Presto an letzter Stelle kam so richtig Schwung auf. Das war vielleicht Programm, jedenfalls bereitete es Mühlemanns ersten Auftritt mit eben dem „Exsultate, jubilate“, vor. Und das geriet einmal mehr glanzvoll, die Stimme frisch und klar, das Orchester ganz bei der Sängerin, welche die Koloraturen mit scheinbarer Mühelosigkeit fast schon beängstigend perfekt hinkriegte. Doch Angst braucht man bei Mühlemann keine zu haben (ich würde sie gerne mal in einer inszenierten Oper sehen, aber da wird sie die nächsten zehn Jahre wohl ebenfalls noch die lieben Rollen für leichte Soprane spielen, vermute ich), das wirkt alles völlig natürlich und so ist die Perfektion auch nie eine übermässige Glätte oder führt zu Desinteresse.

Nach der Pause dann zwei längere Konzertarien, dazwischen die dreisätzige Symphonie Nr. 34, die mir an dem Abend deutlich besser gefiel als die Linzer. Das Kammerorchester Basel übrigens, das ich ja eine Woche zuvor mit Sabine Meyer zuletzt gehört hatte, wächst mir allmählich richtig ans Herz – an dem Abend waren sie jedenfalls in Form und auch gut mit ihrem ehemaligen „principal guest conductor“, einem Neffen des grossen Pianisten, zusammen (er war wohl der Vorgänger von Giovanni Antonini, der heute der leitende Gastdirigent des Ensembles ist, das ja auch ohne Dirigenten auftritt). Das war dann auch der wesentliche Unterschied zum Konzert Mühlemanns in der Tonhalle, denn die Capella Gabetta, die dort aufspielte (ohne Dirigent, Konzertmeister Andrés Gabetta leitete), war weder sauber gestimmt (bzw. immer wieder ver-) noch war das Zusammenspiel von der nötigen Schärfe und Präzision. Der Unterschied zwischen einem mittelguten und einem sehr guten Ensemble wohl – wobei die Basler wohl eine Mischung aus modernen und alten (Blasinstrumente, Celli ohne Dorn) spielten. Dennoch, die Instrumente sind ja eben das und kein Selbstzweck, das spielt daher eine untergeordnete Rolle.

Die beiden Arien waren erneut beeindruckend, ich musste natürlich an Mühlemanns Auftritt im Film Der Klang der Stimme denken, wo man sie unter anderem dabei sieht, die Projektion der Stimme zu perfektionieren. Es gab denn auch einen Moment, in dem sie ganz leise einsetzte, mit einem gehaltenen Ton – aber den riesigen Saal in der Tat füllte (ich sass allerdings weit vorne, ungefähr auf der Höhe der Bühnenkante, auf einer der Galerien – das geht in dem Saal sehr gut, ist günstig und man hat gerade bei kleineren Ensembles mehr davon, als auf den teureren Parkettplätzen, wo die Musik schon etwas leise sein kann). Als Zugabe folgte noch das Schmankerl von Johann Strauss fils – der Frühling hatte ja gerade angefangen, das Publikum war denn auch ganz aus dem Häuschen, aber mir wäre eine etwas weniger musicalhafte Zugabe nach dem wunderbaren Mozart-Programm schon lieber gewesen.

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