Antwort auf: Masabumi Kikuchi

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Nun also meine erste kleine Beute, @vorgarten. In erwartender Frühlingssommerstimmung zuerst heute „After Hours“ und dann „Miles Mode“. Bei „Melancholy Gil“ war klar, dass ich Dir den Schuh aus dem Mund nehmen würde – denn das ging in diesem eigenartigen Choral mit einem leicht fegenden Motian sofort herein. Und Johnson legt da einfach ein paar Flügel drüber, ich sage das so, weil er nur zupft und das ist immer wieder beeindruckend; ich schätze ein solches Spiel, bei dem alle zusammen sind, ohne „Battle“, sehr. Auch, wenn es sich nicht um Balladen handelt. Und Kikuchi kommt dann auf einmal mit ein paar staccato-Wiederholungen, an sich schlicht, aber für mich von großer Spielanstachelungslaune, für die anderen. Das folgt dann auch sofort großartig mit „Milestones“. Zu schweigen von „‚Round Midnight“. Dass da einfach eine Ekstase sofort zurückgenommen oder auch aus dem köchelnden Feuer angefacht werden kann bei Kikuchi, Johnson und Motian.

Sehr bewegt hat mich aber auch „After Hours“. Mir ist es nah, wenn man nicht immer aufdreht, sondern bereits die Andeutung für eine Einlösung hält und sie als solche wertschätzt. Oder das, was gesagt werden kann, sich zurückhalten darf, ohne dass das Stillschweigen bedeute. „Bye bye Blackbird“ ist in beiden Versionen, auf „After Hours“ und „Miles Mode“ unglaublich, obwohl sie völlig verschieden sind, die Versenkung und die Aufbäumung. Aber die große Linie ist dieselbe, das Steigern und Immer-weiter-Steigern eines Laufs, ohne die einzelnen Schritte zu vergessen. Also ohne Hektik oder gar Hetze, so unruhig es werden kann. Aber das Ende ist ruhig und wie eine Erinnerung.

„Bye bye Blackbird“ ist mir auch deshalb nah, weil sich da mein alter Tick einstellte: Ich höre immer wieder im Jazz das Friedrich-Hollaender-Schmankerl „Ich bin von Kopf bis Fuß usw.“ (z. B. bei Andrew Hill in der „Strange Serenade“, bei Paul Bley in „Nothing to Declare“ – bei Coltrane muss ich das noch wiederhören, da fiel es mir nicht auf). Wie auch immer, es dürfte sich ja nicht um wirkliche Zitate handeln, sondern um Affinitäten, die sich im Spiel ergeben, wie von selbst.

Danke Dir noch einmal für diesen An- und vor allem Umstups zu Kikuchi – „Black Orpheus“ werde ich in den nächsten Tagen gewiss sehr anders wiederhören.

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