Antwort auf: Gustav Mahler

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gruenschnabel

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clasjaz Zwar ist etwas daran, dass das Ganze mehr sei als die Summe der Teile, trotzdem sind die Teile bestimmende Formen, die sich nun einmal aufeinander beziehen. Und dann bleibt immer noch die Frage – und eben die Tatsache -, dass die symphonische Form das von Mahler Gewählte ist und dazu noch die Form der klassischen Symphonie, auch wenn sie in den Einzelsätzen ständig infrage gestellt wird, wieder ein eigenes Problem: das heißt aber dennoch, Mahler hält am großen Zusammenhang offenbar fest. Und das ist dann doch vielleicht zu bedenken, je länger man Mahler hört. Oder andere Komponisten mit diesen Monumentalansprüchen, die Mahler hat. Ob sie gut sind, einlösbar usw., ist wieder eine völlig andere Frage.

Da bin ich völlig bei dir. Mahler hält ja nicht nur am großen Zusammenhang fest, sondern knüpft ihn auf für meine Begriffe einzigartig beziehungsreiche und feinsinnige Weise. Zumindest nach dem, was ich bislang an Einblicken gewinnen konnte.

clasjazIch bin jedenfalls sehr an Deinen weiteren Gängen bei Mahler interessiert, bullschuetz. Ich möchte gar keinen Rat geben, aber mir fiel gerade ein, dass zu einem Verhältnis von Adagietto und Rondo (und fast müsste ich das Zentrum des Scherzos gleich dazu nennen, aber dann bin ich wieder zu sehr bei Zusammenhängen) in der Fünften die erste Symphonie im Vergleich interessant sein könnte. Der dritte Satz – ein ganz anderes Adagietto* -, auf den eine „stürmische Bewegung“ folgt, die womöglich noch etwas jugendlich-frisch ist, aber sehr präzise. Das mag aber auch an dem Gestus liegen: „Bitte keine Widerworte“. Das hat Mahler dann sehr bald aufgegeben.
*Die Satzbezeichnung des dritten Satzes der Ersten: „Feierlich und gemessen, ohne zu schleppen“ passt ganz gut auch zum Adagietto, finde ich. Gerade das „gemessen“ trüge den Marsch, der überall sonst in der Fünften steckt, auch in das Viscontistück. Viel wichtiger ist aber wohl in beiden Sätzen, dritter der Ersten, vierter der Fünften: „ohne zu schleppen“.

Ich selbst habe nach eurem ersten Austausch hier stark an die Sechste gedacht, in der Mahler ebenfalls dem Marsch eine zentrale Rolle zuweist – und die Herdenglocken im ersten Satz waren da gedanklich mein Pendant zum Adagietto. Du, clasjaz, sprachst ja von Ironie im Sinne eines Vorbehaltlichen. Adagietto und Herdenglocken haben das beide. Nur findet Mahler in der 5. Sinfonie eine fast diametrale „Auflösung“ des Vorbehalts im Vergleich zur Sechsten.

zuletzt geändert von gruenschnabel

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