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gypsy-tail-windBob Dylan – Hallenstadion, Zürich – 11.04.2018 Etwas verhalten ging es los, Bob krächzte ein wenig, das Gesangsmirko war so leise oder er sang so daneben, dass man ihn anfangs nur schlecht hörte … „Things Have Changed“? Spätestens als die Band eine fetzige Version von „Highway 61“ anstimmte, verflogen die Bedenken schnell, Dylan sang mit grosser Ernsthaftigkeit und gab sich ebenso grosse Mühe: man merkte es ja auf den letzten Alben mit den alten Broadway-Songs: er weiss genau, was er tut, er trifft jeden Ton, wenn er denn will … und er kann trotz der nicht mehr vorhandenen Stimme sogar noch lange Töne halten. Die Band trug ihn durch das Set, Soli gab es eigentlich keine (eine kurze Passage für den Kontrabass hörte man kaum, weil das Boogie-Woogie-Piano von Dylan etwas zu stark verstärkt war, später gab es ein kurzes Schlagzeugsolo, Charlie Sexton und Donnie Herron spielten da und dort ein paar Linien, aber das tolle an dieser Band ist ja gerade, wie gut sie zusammen spielen, wie eng sich alles verzahnt und wie tight die Grooves sind, die dabei herauskommen. Der Sound im Hallenstadion war erfreulich gut, die Bühne mit einigen Tüchern und verschiedenen Scheinwerfern ähnlich gestaltet wie vor ein paar Jahren in Basel (wo es zuviele der alten Songs gab, dieses Mal waren es nur drei und die ersten zwei davon waren zudem wirklich berührend, „Autumn Leaves“ müsste nicht sein, finde Dylans Version auch auf CD recht lahm, irgendwie fehlt der Wechsel in den kickenden Swing, der nötig wäre, um das lahme Ding zu retten). Die 90 Minuten vergingen wie im Flug, neben einem halben Dutzend Songs von „Tempest“ gab es auch welche von „Time Out of Mind“, „Love and Theft“ und „Modern Times“. Und dazwischen ein paar grossartige Klassiker, „Desolation Row“ nicht neu arrangiert aber sehr schön, „Simple Twist of Fate“ endlich in einem neuen Arrangement, das durchgenudelte der letzten Jahre wurde aussortiert. Kaum zu erkennen war auch das grossartige „Tangled Up in Blue“ – bei manchen Songs halfen wirklich nur Textzeilen, um sie zu erkennen. Die Klassiker-Dichte war also recht niedrig, zumal „Don’t Think Twice“ noch nicht wirklich gut war – aufwärmen dürfte halt auch his Bobness noch hinter der Bühne, aber das ist wohl zuviel verlangt … Als Zugaben folgten dann noch zwei, „Blowin‘ in the Wind“ mit Herron an der Geige und auch kaum zu erkennen (der alte Herr, den ich zum Konzert einlud, wollte mir zunächst nicht glauben, dass das „Blowin‘ in the Wind“ war) und dann noch die Ballade des dünnen Mannes – „something is happening here“ und wir wissen immer noch nicht so genau, was es denn ist. Aber gut war es, sehr gut sogar. Und wie der altgediente Dylanologe Jean-Martin Büttner im Tagesanzeiger schreibt: zum Guten gehörte auch, dass er die Harmonika kein einziges Mal hervorholte. Gegen etwas mehr „center of stage“ hätte ich auch nichts gehabt, das übermässig laute Piano war manchmal etwas nervig, dann aber mit seinen rollenden Akkorden und Attacken auch wieder toll ins Gefüge der Band eingepasst.
Bob Dylan – Ratiopharm Arena, Neu-Ulm – 12.04.2018
Die Eindrücke aus Zürich unterschreibe ich für Neu-Ulm zu 90 %. Die Setlist war identisch, auch wenn ich tatsächlich „Blowin‘ in the Wind“ nicht erkannt habe.
Allerdings ist der Sound in der Ratiopharm-Arena immer eine Katastrophe … ist halt für Basketball gebaut, nicht für Musik. Das Sinatra-Zeugs brauche ich nicht wirklich, „his Bobness“ vermutlich aber bald einen Rollator. Soviel zur Forderung nach mehr „center of stage“.
Es war mein erster – und wahrscheinlich letzter – Besuch als Gast der neverending Tour, und es ist inzwischen selten der Fall, dass ich den Altersschnitt im Publikum deutlich senke. Es war ein musikalisch (ein Hoch auf George Recile an den Drums) gutes bis sehr gutes Konzert. Ein Greatest Hits-Programm oder intensive Publikumsansprache erwarte ich von Dylan ohnehin nicht.
Ich freue mich immer, wenn Konzerte pünktlich beginnen, aber soooo pünktlich hätte es auch nicht zu Ende sein müssen.
zuletzt geändert von annamax--
I'm pretty good with the past. It's the present I can't understand.