Antwort auf: Die wunderbare Welt der Oper

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Danke, @gypsy-tail-wind – in Gedanken und in Wirklichkeit gar nicht zu vernachlässigen, was jemand nach einer „Einlieferung“ und dann später aufschreiben möchte, zumindest das. Die Frage nach der „Authentizität“ kann dabei von vornherein bedenklich scheinen. Kann, nicht muss. Beinahe hätte ich geschrieben: Besonders, wenn die Zeiten fern sind und sogenannte historische sind. Aber wissen wir, wer wirklich unsere ebenfalls sogenannten Zeitgenossen sind, für die eine nahe Wahrnehmung gegeben sei, eine „Echtheit“, „Authentizität“? Beatrix aus dem Storchenwinkel wird es nicht sein, obwohl wir gegen sie und ihre Mitmäuler sprechen und schreiben, jetzt. Die Frage bleibt immer, wer hat an der Uhr gedreht. Und an den Wörtern. Aber selbst die Verdrehung wäre Symptom, oder nüchterner: Zeichen. Also gewiss von Interesse, bei Lenau, bei Hölderlin, bei Aby Warburg.

Härtlings „Weltschmerz“-Adaption mag ich gerade nicht nachgehen, also nicht in seinen Texten, für mich habe ich genug Härtling gelesen, er brachte wenig ins offene Nest; obwohl ja etwas daran sein könnte, an einem Schmerz Lenaus gegenüber oder in (s)einer Welt. Was als Weltschmerz benannt wurde, war, wie so oft, bei Jean Paul am Anfang noch halbwegs definiert, aber es ergeht allen Wörtern mit „Welt-“ im Vorspann, vermutlich zu Recht alsbald so, dass man sie hinterfragt und ziemlich eigenartig findet, im besten Fall, wie Heine, zu retten versucht, was zu retten ist. „Weltanschauung“ ist auch so ein Ding, von dem zumindest ich nicht weiß, was das sein soll außer Gerede.

Ist doch eigenartig, dass ein Wort wie „Weltschmerz“ unter und mit anderen keinen Zu- und Eingang in andere Sprachen gefunden hat. Es ist ein Dachschindelwort, also zudeckend, dichtmachend. Den Bogen könnte man gedanklich viel luftiger spannen, vom Sentimentalischen Schillers, schlicht eine bewusste Differenz zwischen Sein und Sollen bzw. Realität und Idealität, das war das Gefüge oder Gefängnis, in dem er gedacht hat, mit ein paar literarischen Gattungsfragen vermengt zwar, aber das lag damals in der Luft – bis zu Camus‘ „Absurdität“, schlicht die Differenz von Ich und Welt als Differenz von Sprechen und stummer Antwort. Also wird Lenau vielleicht doch auch als Dichter des Absurden benannt werden können. Wie so viele andere im 19. Jahrhundert.

Nochmals danke für die Ergänzung. Und pardon für meine Abweichung hier im Opernthread.

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