Re: Elbow – Cast of Thousands

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brosche

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Beim Rs wohl durchgefallen, VISIONS erfreut, mein Dealer empfiehlt sie auch. Andere Meinungen?

Elbow – „Cast Of Thousands“
((V2)

Wenn eine Band sich „auf die Suche nach neuen Klängen“ macht, wie Elbow es im Infoschreiben ihres zweiten Albums „Cast Of Thousands“ postulieren, ist entweder mit dem Allerhöchsten zu rechnen (Radiohead!) oder mit bloßer, obendrein störender Effekthascherei. „Asleep In The Back“ war damals ein erstaunliches Debütalbum, dazu mit bleibenden, ausgereiften Songs wie „Powder Blue“, „Red“ oder „Newborn“. Leider wollen die Briten nun nicht nur nach neuen Klängen suchen, nein – diesmal soll es schon Kunst sein, denn drunter machen sie es nicht mehr. So werden dann vor allem Prätention und Anmaßung zum großen Problem dieser Platte: Das sinnlos lärmende „Snooks (Progress Report)“ ist einfach furchtbar, „I’ve Got Your Number“ dagegen immerhin noch langweilig. „Ribcage“, mit Gospel-Einsatz, geht in Ordnung und „Fugitive Motel“ ist fast wieder so empfindsam wie in alten Tagen. Alles in allem: Zu viel Bemühen, zu wenig Leichtigkeit – und hoffentlich nur ein Ausrutscher.

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Ihrem vielversprechenden Debüt lassen die Briten ein reifes, experimentierfreudiges, von sehnsüchtiger Lyrik geprägtes Pop-Meisterwerk folgen. Powered by emotions, sozusagen.

Jedem seine Strategie der Stressbewältigung. Coldplays Chris Martin etwa vertraut auf Schokolade. Liam Gallagher beschimpft lieber bekokst wahllos Mitmenschen. Und Guy Garvey, der Kopf von Elbow? Fraß sich einen veritablen Ranzen an, um dem enormen Erwartungsdruck zu trotzen. Mit Erfolg: Zu keinem Zeitpunkt ist den unbeschreiblich kunstvoll in Szene gesetzten Liedern anzumerken, dass diesmal auf jahrelange Vorarbeit verzichtet werden musste. Los geht es mit „Ribcage“, einem anfangs noch leicht befremdlich wirkenden, schwerelos im Äther hängenden Sechsminüter, der gegen Ende einen ausgewachsenen Gospel-Chor an Bord holt. Für das anschwellende, von flotten Beats konterkarierte Lamento „Grace Under Pressure“, einen Kommentar zu George Bushs Irak-Feldzug, brachte die Band dann gleich das gesamte Glastonbury-Publikum dazu, „We still believe in love – so fuck you!“ zu shouten (weshalb jetzt schlappe 3.500 Namen das Booklet von „Cast Of Thousands“ bevölkern). „Fugitive Motel“ wiederum unterstreicht das Heimweh des Reisenden durch himmelweite, cineastische Streicher, während das perkussive „Snooks (Progress Report)“, durch das – obacht, Autofahrer! – eine furchteinflößend verzerrte Hammond schmettert, die eigene Befindlichkeit als Popband seziert. Exzentrischer Orgel-Einsatz adelt auch das auf Samtpfoten daher schlendernde „I’ve Got Your Number“. Als emotionaler Gipfel darf gleichwohl das nur von Garveys einfühlsamer Stimme, Schellenkranz und Akkordeon zum Atmen gebrachte „Switching Off“ gelten, wo ein Liebender sich anhand einer beiläufig-schönen Geste die eigene Nahtod-Erfahrung ausguckt: „You’re the only sense the world has ever made / this I need to save / I choose my final scene today / switching off with you“ – ein Klotz, wer da nicht den Tränen nah ist. Im Gegensatz zu Coldplay indes liegen bei Elbow die wahren Schätze oft im Verborgenen. Wer sie sich erarbeitet, dem zerreißen sie hinterrücks das Herz. „All you have is kisses“, singt Garvey einmal. Love rules.
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Bleibense Mensch. [/FONT][/I][/COLOR][/FONT]