Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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gypsy-tail-wind
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Ein kurzer Bericht nur … ich freue mich sehr, dass die Konzertsaison nach meiner Reise nun auch bei mir wieder startet. Ohne Live-Musik fehlt mir nämlich schlicht etwas im Leben.
 
Tonhalle-Maag, Zürich – Freitag 17.11.
Tonhalle-Orchester, Franz Welser-Möst

Anton Bruckner: Symphonie Nr. 8 c-Moll

Was für ein gewaltiger Trümmer! Wie vermutlich fast immer in den drei Saisons, in denen die altehrwürdige Tonhalle am See renoviert wird, sass ich in der ersten Reihe (billige Plätze gibt es im schlichten aber tollen Holzquader nicht viele). Das war klanglich nicht ideal aber zum Glück auch nicht wirklich störend, denn der Saal ist von grosser Transparenz und Klarheit – und verzeiht nichts. Doch zu verzeihen gab es auch nichts, Welser-Möst und das Orchester arbeiteten bei dieser dritten und letzten Aufführung bestens zusammen, die Sichtweise auf das mir zuvor unbekannte Werk schien mir stringent und stimmig, das Auf- und Abschwellen der Musik, die oft wie Wellen über den Zuhörer zu brechen schien, war mitreissend und am Ende geradezu erschöpfend.

Als kleine Coda: das viele Brucknerhören der letzten Monate scheint Früchte zu tragen – ich kam mit dem Werk trotz Erstbegegnung bestens zurecht und war sofort fasziniert – nicht wie letztes Jahr als Haitink die Neunte spielte (und ich noch keinen Ton von Bruckner gehört hatte)
 

 
Tonhalle-Maag, Zürich – Samstag 18.11.
Nicolas Altstaedt/Alexander Lonquich

Ludwig van Beethoven: Cellosonaten Nr. 1-5

Nicolas Altstaedt, Violoncello
Alexander Lonquich, Klavier

Und gestern dann gleich die Probe, wie Kammermusik im neuen Saal funktioniert – prächtig, zumal wenn mit der Innigkeit und Überzeugung von Altstaedt umd Lonquich zur Sache gegangen wird. Ein paar Unsauberkeiten beim Cello nimmt man da ganz gelassen in Kauf, auch das Schnauben, das fast schon als tonlose Variante von Keith Jarrett durchgehen könnte. Altstaedt spielte begnadet auf, riskierte immer wieder mal was, dehnte die Zeit und liess sie dann wieder zusammenschnellen. Sein Ton, seine „vollblütige“ Darbietung scheint tatsächlich aus der französischen Cellolinie zu kommen (Fournier, gerade auch mit Beethoven, ist mir am besten vertraut). In Lonquich hat er einen perfekten Partner, der das Riskante locker abfedert und auch mal munter zurückgibt. Sein Spiel – das Klavier spielt ja längst nicht immer zweite Fiedel – gefiel mir wie erwartet gsnz hervorragend, auch wenn ihm vielleicht stellenweise etwas mehr Härte, ein paar Kanten mehr nicht geschadet hätten.

Grossartig war es natürlich auch, die fünf Werke am Stück zu hören, die Entwicklung Beethovens nachzuvollziehen, der in jeder seiner drei Schaffensphasen grossartige Cellosonaten schrieb. Schon die beiden frühen sind klasse, die dritte (der mittlere Satz!) ein Meisterwerk, die beiden letzten – mit denen der Meister das Genre der Sonate für Klavier und (Begleit-)Instrument wohl ausgeschöpft hatte. Die erste ist „freje Sonate“ überschrieben und ähnelt eher einer Fantasie, die zweite ist hingegen stark strukturiert – und endet mit einer tollen Fuge.

Was will man mehr? Eigentlich nichts, die zwei Stunden Musik (plus die üblichen Unterbrüche, dazu eine gerissene Saite in der zweiten Sonate) waren schon sehr generös – nichtsdestotrotz gab es eine kleine Zugabe: das Scherzo aus Brittens Sonate.

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