Antwort auf: Morrissey – Low In High School (17.11.2017)

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herr-rossi
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Dass man ein Interview erstmal lesen muss, ehe man sich dazu äußern kann, sollte selbstverständlich sein. Aber schon im Vorfeld zu sagen, dass man anhand einer Übersetzung dazu nichts sagen kann, weil Übersetzungen ja immer Interpretationen seien, das hat dann doch den Geschmack von vorauseilender Apologetik. Ich weiß wirklich nicht, wieviele übersetzerische Schattierungen die schnörkellose Aussage, Berlin sei die Hauptstadt der Vergewaltigung, weil Merkel die Grenzen geöffnet habe, besitzen kann.

Morrisseys Aussagen würde ganz sicher nicht weniger ambivalent und zum Teil absurd, wenn man es im englischen Original vor sich hätte (mal abgesehen davon, dass Druckversionen von Interviews notwendigerweise immer sprachlich geglättet und gekürzt sein müssen, denn niemand kann und will seitenlange buchstabengetreue Protokolle von gesprochenen Sätzen lesen). Das ganze ist ein erratischer Rundumschlag. Er verdammt in einem Moment Trump als kindisch und „riesiges Ungeziefer“, um im nächsten Moment Weinstein, Spacey & Co. in Schutz zu nehmen und lupenreines victim blaming zu betreiben. Vergewaltigung und so sei natürlich ganz schlimm, aber die Leute, die sich jetzt beklagen, hätten doch gewusst, worauf sie sich einlassen und in welche Situationen sie sich begeben. „Hinterher ist es ihnen peinlich, oder es gefiel ihnen nicht.“ Wtf? Er ist dagegen, Israel zu boykottieren, okay, aber drei Gedankensprünge weiter heißt es, nachdem es um die Flüchtlinge und Morrisseys Sorgen vor dem „Multikulturalismus“ ging: „Aber ich denke, jedes Land sollte seine Identität bewahren. Millionen Menschen sind für die deutsche Identität gestorben. Wenn Sie meinen, sie hätten Respekt verdient, dann müssen Sie ihr Land schützen.“ Mir fehlt die Phantasie, mir vorzustellen, mit welchem interpretatorischen Aufwand eine so völlig absurde Aussage einen diskutablen Sinn ergeben könnte.

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