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atomicpoweredposterDas mit dem Relauch ist durchaus nicht falsch, es ist nämlich keineswegs so dass Elvis Hollywood den Stinkefinger gezeigt hätte. Vielmehr war es so dass diese Einnahmequelle schlicht am Versiegen war.
Elvis war ein Künstler der, anders als der ein gutes Stück ältere Sumatra, nie in Alben gedacht oder den Aufnahmeprozess als Kunstform begriffen hat. Er arbeitete bis zuletzt nicht viel anders als in den 50’ern, nahm meist einfach eine ziemlich willkürlich wirkende Auswahl an Songs auf und überließ dann – obwohl er laut Vertrag stets das letzte Wort hatte – den Rest anderen. Das Ergebnis waren häufig sinnfrei zusammengestückelte LPs die viel Mittelmaß, oft auch Mist, nicht selten hörbar aus unterschiedlichen Sessions zusammengeramscht, enthielten. Tödlich für seine Reputation, dabei gibt es aus allen Phasen großartige Aufnahmen.
Aus den Sessions die er im Dezember 1973 in den Stax Studios abhielt hätte man z.B. leicht ein wirklich starkes Album destillieren können, stattdessen brachte RCA zwei mittelmäßige heraus mit noch dazu, wie du richtig anmerkst, schrottiger Aufmachung.
Wer oder was ist „Sumatra“? Eine Insel im Pazifik, dachte ich immer.
RCA hat die STAX-Sessions innerhalb von nicht mal 2 Jahren sogar auf drei Alben verwurstet: Raised On Rock, Good Times und Promised Land und zwischendurch sogar noch weitere Alben veröffentlicht. Wie weit kann man Material eigentlich strecken? Mit „Elvis in Memphis“ hatte Elvis ein richtig gutes Album veröffentlicht, aber danach sind er, sein Management und RCA in schlechte Gewohnheiten zurückgefallen. Die haben wohl die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Revolver, Pet Sounds, auch The Doors, Bringing It All Back Home oder Surrealistic Pillow, das waren die neuen Formate. Ab den 70ern regierte das Album. Tja, wer zu spät kommt …
Für mich essentielle LPs;
Elvis Presley (zwar Stückwerk und nicht durchgehend großartig, aber mit etlichen Kracher und einem legendären Cover)
Elvis (runder als sein Erstling)
King Creole (New Orleans Flair, bester Soundtrack)
Elvis is Back (Konsensalbum, nicht makellos aber vielseitig)
His Hand in Mine (seine erste und beste Gospel LP, klanglich uberragend, sehr leichtfüßig, Meisterwerk)
Something for Everybody (eine Seite enthält perfekte, ohrenschmeichelnde Balladen, eine Seite teilweise etwas zahme, aber charmante Rocker. Unspektakuläre, aber dennoch sehr schöne LP)
Pot Luck (gutes Früh-60’er Popalbum mit leichtem Latin-Einschlag)
How Great Thou Art (zweites, eher düsteres Gospelalbum. Sehr opulent, klanglich und von Elvis Gesangsleistung her nicht so gut wie sein erstes, dennoch essentiell)
From Elvis In Memphis (souliges Meisterwerk, kennt eh jeder, mit Recht)
Back In Memphis (enthält auch ein zwei Stinker, ist aber in sich sehr geschlossen und enthält etliche kaum bekannte Perlen)
On Stage Feb 70 (enthält zehn Songs, keinen davon gab es vorher von Elvis auf LP zu kaufen. Viele davon wurden Standards seiner 70’er Konzerte, klangen aber selten besser als hier)
That’s The Way It Is (Balladenlastig, stimmlich ist Elvis in Bestform)
Country (sein letztes wirklich herausragendes Album, nicht unbedingt purer Country, absolut ohne Durchhänger, mit seinen letzten echten, dreckigen, aggressiven Rockern)Unbedingt zu empfehlen sind die ersten drei Teile der Gold bzw Golden Records Reihe, diese enthalten die wichtigsten Singles der 50’er und frühen 60’er und die sind unentbehrlich. Zudem klingen Teil zwei und drei absolut wie aus einem Guss. Perfekt.(…)
Thx 4 the tips! Ich habe und kenne nicht alle Alben, die Du nennst (und will auch nicht so viele haben), aber – Achtung: Mengenlehre! – ich habe auch kein Album, dass Du nicht genannt hast. Insofern habe ich wohl zumindest nichts falsch gemacht. Nur eine Compi mit den SUN-Sessions und die Highlights der besagten STAX-Session habe ich außerdem noch und kann natürlich beides empfehlen.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)