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Iron Maiden – No Prayer For The Dying (1990)
“No Prayer For The Dying” – mein erstes Maiden-Album. Ich weiß es noch wie heute. Wie ich damals unwissend in den CD-Regalen großer Elektromärkte stöberte und Unmengen von Scheiben erblickte, auf deren Cover das Band-Maskottchen Eddie in den verschiedensten Ausführungen prangte. Überhaupt schien Eddie untrennbar mit allem verbunden zu sein, was irgendwie mit Metal zu tun hatte. In Magazinen, auf unzähligen T-Shirts – überall traf ich damals auf diese herrliche Zombie-Fratze, die meine Eltern immer wieder argwöhnisch gucken ließ. Rückblickend kein Wunder, stieß ich doch damals zu einer Zeit auf Maiden, in der Steve Harris & Co. ihren Absturz noch vor sich hatten und eine der wenigen Bands waren, auf die sich wohl alle Metaller einigen konnten. (Wie so häufig damals) angefixt durch eine Besprechung im Metal Hammer marschierte ich 1990 also los, um mir das damals aktuelle „No Prayer For The Dying“ ins Regal zu stellen. Was waren meine Erwartungen groß. Ein martialisches Cover, das Eddie zeigte, wie er des Nächtens einem Grab entsteigt und dabei einem Totengräber an die Gurgel geht. Ja, das musste wahrhaft mächtige und bösartige Musik sein. So staunte ich nicht schlecht, als ich die CD zu Hause in die damals noch bescheidene Anlage schob, voller Vorfreude auf die Play-Taste drückte und kurz darauf die ersten Takte von „Tailgunner“ erklangen. Hm, fetzig war es ja, was da aus den Boxen schallte, aber nicht so wirklich das, was ich angesichts der Verpackung in meiner kindlichen Naivität erwartet hatte. Aber gut, da standen ja noch neun weitere Songs auf der Rückseite der Hülle. „Holy Smoke“ war an zweiter Stelle zu lesen. „Hey, kein schlechter Titel. Vielleicht klappt’s ja jetzt, mit der bösen Lärm-Attacke“, dachte ich und war noch verdutzter, als ich plötzlich ein locker flockiges, rückblickend gar an Status Quo erinnerndes, Intro vernahm. Nun ja, so tastete ich mich Song für Song durch das Album und war baff. Klar, das alles rockte ordentlich, entsprach aber überhaupt nicht meinen Erwartungen, weswegen ich das Album zunächst enttäuscht zur Seite legte. Zum präpubertären Posen vor Freunden eigneten sich Maiden nicht wirklich. Nun gut, immerhin verfehlte das Cover seine Wirkung bei meiner Mutter nicht. Glücklicherweise legte sich mein damaliger Anflug von Posertum recht schnell, sodass ich mich nicht viel später doch noch ausführlich mit der Scheibe befasste und Maiden zügig mein Herz eroberten.
„No Prayer For The Dying“ hat heute einen schweren Stand in der Diskographie der Band. Von nicht wenigen Anhängern wird es gar als das schwächste Album von Maiden angesehen. Auch wenn die Scheibe bei mir natürlich einen besonderen Stellenwert hat, kann ich die teilweise harsche Kritik trotzdem nicht nachvollziehen. In meinen Augen hat die Band damals richtig erkannt, dass sie sich mit dem 1988 erschienenen „Seventh Son Of A Seventh Son“ in eine stilistische Sackgasse manövriert hatte, stellte dieses Album doch eigentlich nichts weiteres dar als einen – bei Gott nicht schwachen! – Aufguss, der mit „Somewhere In Time“ eingeschlagenen Richtung. Noch ausladender, noch filigraner, noch bombastischer konnten Maiden wohl kaum werden. Eine Zäsur war bitter nötig und die wurde mit dem bewusst erdigen „No Prayer…“ vollzogen. Das Album enthält zehn vergleichsweise simple und größtenteils Rifforientierte Songs, die allesamt betont bodenständig und rau produziert wurden. Hätte man im Studio noch Publikum untergemischt, man könnte fast glauben, einer Live-Aufnahme zu lauschen. Sicher, keine der enthaltenen Nummern zählt wirklich zu den essenziellen Klassikern der Band, nichtsdestotrotz findet sich mit dem kraftvollen Opener „Tailgunner“, dem melodischen Titelsong und dem verschachtelten „The Assassin“ manches wirklich hörenswerte Kleinod. Abgesehen davon macht es einfach Spaß, zu Fegern wie „Holy Smoke“ oder „Public Enema Number One“ die Sau raus zu lassen.
„No Prayer For The Dying“ mag angesichts der wahnwitzigen Serie erstklassiger Vorgängeralben für viele Fans in der Abfolge der Band-Diskographie vielleicht eine Enttäuschung darstellen, so unbekümmert wie hier klangen Maiden danach jedoch nie wieder. Leider.
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