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Marillion – Script for a jester’s tear (1983)
In den 80er Jahren zählte Marillion sicher zu meinen Lieblingsbands und auch heute noch mag ich zumindest das Frühwerk mit Fish als Sänger noch recht gerne. Nur mit diesem Debütalbum aus dem Jahr 1983 hatte ich schon immer so meine Probleme. Das liegt sicher auch daran, dass ich die meisten Stücke in deutlich besseren Liveversionen kannte, ehe ich mir dieses Album zugelegt habe. Ich kenne nur wenige Alben, bei denen die Diskrepanz zwischen Komposition und Interpretation so groß ist wie bei diesem. Der Sound ist dünn, die Keyboards klingen oft billig und das Schlagzeug ist mit viel Hall unterlegt, wobei Gründungsmitglied und Schlagzeuger Mick Pointer zu dieser Zeit sicher ein Schwachpunkt innerhalb der Band war und kurz darauf folgerichtig gefeuert und durch Ian Mosley ersetzt wurde. So schwach das Album auch klingen mag, so gut sind die meisten Songs, und wenn ich mir mein eigenes Script for a jester’s tear zusammenstellen würde, dann würde ich Forgotten sons und Garden party vom hervorragenden Livealbum Real to reel nehmen und den Titelsong, He knows you know und Chelsea monday vom Fish-Abschieds-Livealbum The thieving magpie. Den einzig eher schwachen Song The web würde ich ganz weglassen und durch die erste Single Market square heroes ersetzen, hier allerdings ebenfalls in der Real to reel Version. Man sieht, welch fantastisches Debütalbum Script for a jester’s tear hätte werden können, wenn die Stücke nur ansprechend interpretiert worden wären. Als ich zum ersten mal die Studioversion von Forgotten sons hörte, war ich regelrecht enttäuscht. Keine Spur von der Dynamik, der Homogenität und dem Kraftvollen, was die mir bekannte Liveversion auszeichnete und das Stück bis heute zu meinem Lieblingssong von Marillion macht. Das Gleiche gilt für das Titelstück oder Garden party. Völlig kraftlos erklingen diese Stücke, deren Klasse man durchaus erkennen kann, als ob die Band Valium eingeworfen hätte. Das einzige Stück, das in diesem Kontext eingermaßen funktioniert ist Chelsea monday, wenngleich ich auch hier natürlich die Liveversion bevorzuge. Bleibt noch The web übrig. Dieses Stück, nachdem sich scheinbar der erste Marillion Fanclub benannt hat, ist auf diesem Album das einzige, von dem mir keine Liveversion bekannt ist. Das hätte seine Rettung sein können, denn so wie es auf dem Album erklingt, ist es leider nicht weiter der Rede wert, ein uninspiriertes, 9 Minuten langes Stück, bei dem nicht viel hängen bleibt.
Bleibt also abschließend festzuhalten, dass es sich bei Scipt for a jester’s tear um ein durchwachsenes Debüt mit einigen hervorragenden Songs handelt, bei dem die Band spielerisch aber noch nicht zu sich gefunden hatte. Dies sollte sich mit dem Zweitwerk Fugazi deutlich ändern.
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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?