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Nach und nach trudeln bei mir Alben mit brasilianischer Musik ein. Fragt sich nur, wann ich dazu komme, mir das alles anzuhören. Wie war ich überhaupt auf brasilianische Musik gekommen? Ach ja, ich hatte für einen Jazz Blindfold Test ein paar mehr oder weniger fake Bossa-Stücke rausgekramt und dann noch ein original brasilianisches Liedchen daruntergeschmuggelt. Das Stück stammt von einer Compilation, die zwar nicht meine erste, aber doch eine recht frühe Begegnung mit brasilianischer Musik war – wenngleich die Musik darauf alles andere als rein brasilianisch ist. Das Album kann man hier aber ruhig mal erwähnen:
Various Artists – Red Hot + Rio (1996)
Eine Zusammenstellung der Red Hot Organization, die sich der Bekämpfung von AIDS durch Popkultur widmet. Thema der Compi ist die Musik von A. C. Jobim – wobei das hier nicht so eng gesehen wird, denn viele Stücke auf dem Album stammen im Original nicht von Jobim. Das eigentlich Interessante an Red Hot + Rio ist aber der wilde Stilmix der Stücke, die meist extra dafür aufgenommen wurden und die Vorlagen teils radikal uminterpretieren. Everything But The Girl steuern eine Drum’n’Bass-Version von Corcovado (auf Portugiesisch!) bei, Crystal Waters besingt den Boy From Ipanema in einer Disco-House-Version, die Retro-Futuristen Stereolab verwandeln mithilfe des Jazz-Flötisten Herbie Mann den One Note Samba in elektronisch fiependen Postpop und die transatlantisch-pazifische Zusammenarbeit von Cesaria Evora, Caetano Veloso und Ryuichi Sakamoto klingt wie Trip Hop. Daneben gibt es Duette von George Michael und Astrud Gilberto (super zuckrig), von Sting und Meister Jobim selbst (etwas lahm) und Beiträge von den native speakers Milton Nascimento, Gilberto Gil, dem damals super-heißem Chico Science (klingt wie Samba trifft Public Enemy) und vieles mehr. Ganz am Ende gibt es dann dieses anrührende Lied von Cazuza und Bebel Gilberto, begleitet nur von einer akustischen Gitarre und offenbar in den eigenen vier Wänden aufgenommen. Unterproduziert und natürlich klingend, wirkt das Stück hier fast etwas fremd – und passt doch ganz genau: Cazuza starb 1990 an AIDS.
Zu großen Teilen alles andere als authentisch brasilianische Musik – aber brasilianische Musik ist sowie ein wilder Stilmix – und gerade dadurch herausfordernd und unterhaltsam. Soweit ich mich erinnere war Red Hot + Rio meine Sommerplatte des Jahres 1996 – klingt aber auch heute noch gut.
Hier eine Promo-Seite zu Red Hot + Rio.
Die Plattenfirma warf dem Album noch im gleichen Jahr die Compi Nova Bossa – Red Hot On Verve hinterher, die viele der original Vorlagen von Red Hot + Rio enthält, aber auch einige andere brasilianische Stücke von Musikern von Sergio Mendes bis Baden Powell. The Girl From Ipanema und Corcovado kann man zwar eigentlich nicht mehr hören, und es gibt hier auch einen etwas hohen Anteil an Stan Getz. Dennoch eine hübsche Compilation. Beide Alben zusammen geben einen schönen niederschwelligen Einstieg in brasilianische Musik.
Tschuldi für das sehr große Bild, aber alle Versuche es zu skalieren oder ein anderes Bild hochzuladen, schlugen leider fehl.
zuletzt geändert von friedrich--
„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)