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Bruce Springsteen – Tunnel Of Love
SONY 1987
Nach der ersten Ära bis „Born To Run“ und der zweiten bis „Born In The USA“ läutet „Tunnel Of Love“ eine neue Zeitrechnung, nämlich die bis heute, ein. Es ist ein schweres Album, sowohl für den Künstler, der wie kein anderer den patriotischen Lebenstraum auf dem Vorgänger beschrieb (wobei gerade der Titelsong nicht gemeint ist) und nun glücklich verheiratet das Karo-Holzfällerhemd gegen eine Dandy-Montur tauscht. Da steht er, selbstbewusst an sein Auto gelehnt, die Arme locker in den Hosentaschen versenkt wirkt er angekommen. Wo auch immer.
Mit hoher Erwartung habe ich damals das Album gekauft und wollte es noch einmal wie auf dem Vorgänger. Rockig, patriotisch, geschichtlich. Drei Jahre hatte ich darauf gewartet, eine Fortsetzung des Soundtracks für das eigene Leben zu hören. Die ersten Töne von „Ain’t Got You“ lassen meine Erwartungshaltung noch höher schlagen. Das ist der Song, der mir noch von ihm gefehlt hatte. Ansonsten ist er stilistisch ja schon durch. Doch dann kippt das ganze Album in eine nachdenkliche Grundstimmung. Statt glory days gibt es nur spare parts, statt Bobby Jean heißt es jetzt „Walk Like A Man“. Ich komme zu dem Schluss, dass das Feuer des einstigen Vorzeige-Amis endgültig erloschen ist.
Die Wiederauferstehung von „Tunnel Of Love“ erfolgt durch einige persönliche Veränderungen und plötzlich hört sich das Album ganz anders an. Da regt einen der rüde gerockte Einstieg auf, aber nach dieser Klippe schippert man im gemütlichen Fahrwasser und erfreut sich an den freundlich ins Wasser ragenden Bäumen, die Schatten spenden, wenn es sonnig ist und vor Regen schützen. Firlefanz und Sperenzchen braucht diese Musik nicht. Sie reift langsam wie schwerer Rotwein und sehr reifer Käse. Dieses Album ist tougher als der Rest. Nicht jeder Song zündet sofort, doch sie sind alle präsent. „One Step Up“ mit seiner hoffnungslosen Geschichte wird später ins Deutsche übersetzt, „Brilliant Disguise“ wirkt in einer späteren akustischen Version noch viel brillanter und der Titelsong ist ein Antreiber. Die drei Songs als herausragende Kompositionen angeführt. Doch auch der Rest braucht sich kompositorisch nicht zu verstecken. 1987 ist nicht unbedingt die Zeit für dieses Album, dass sich zehn Jahre später wie ein geschliffenes Mosaikstück nahtlos einfügen lässt, nachdem es jahrelang lieblos herumlag und herumgestoßen wurde. Ein Album mit zwei Gesichtern, von denen man eins verpasst haben könnte.
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Das fiel mir ein als ich ausstieg.