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sparch
MaggotBrain

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Rush – Roll the bones (1991)

Meine erste Begegnung mit Rush hatte ich im Herbst des Jahres 1989, als ich mir das Album ‚A show of hands‘ kaufte ohne irgendetwas von der Band zu kennen. Alleine das Cover war es, was mich damals reizte und nach dem ersten Durchgang war ich zwar noch etwas skeptisch, aber fortan lief das Album in der Heavy Rotation. Im Laufe der Zeit legte ich mir fast alle Studioalben zu, wobei mich auch manche Platte eher enttäuschte. Im Prinzip kann ich mit dem Progmetal der frühen Jahre eher wenig anfangen und vor allem die langen Stücke wirken auf mich oft eher holprig als durchdacht. Auch Geddy Lees Gesang, der ja schon immer sehr gewöhnungsbedürftig war, hatte in der Anfangsphase noch einen gewissen Kreischfaktor, der bei mir die Grenze des Erträglichen doch des öfteren hinter sich lässt. Erst mit dem Album ‚Signals‘ aus dem Jahr 1982 gelang der Band ein durchgehend hervorragendes Album welchem im Laufe der Jahre noch einige ebenbürtige folgen sollten, so z.B. 1991 das Album ‚Roll the bones‘. Im Vergleich zum Vorgänger wurden hier wieder verstärkt Keyboards und Synthesizer eingesetzt und im Titelstück versuchte sich die Band sogar an einer Art Rap, was natürlich ein gefährliches Unterfangen ist, denn nicht selten gehen solche Schüsse doch eher nach hinten los und gleiten ins Lächerliche ab. Hier jedoch wirkt es alles andere als aufgesetzt sondern absolut songdienlich. Ansonsten bietet das Album im Vergleich zu den Vorgängern nicht viel Neues sondern stagniert auf hohem Niveau und besticht durch phasenweise exzellentes Songwriting. So fällt neben dem bereits erwähnten Titelsong vor allem das wunderschöne ‚Bravado‘ auf, in dem sich die gesamte kompositorische Stärke der Band zu konzentrieren scheint, eine Eigenchaft, die sich meiner Meinung nach erst in den 80ern so richtig entwickelt hatte. Rush Songs sind oft sehr eingängig, haben aber dennoch genügend Ecken und Kanten, um auch langfristig zu überzeugen. Ein weiteres Beispiel dafür ist ‚Ghost of a chance‘ mit seinem einprägsamen Riff und den druckvollen Versen welche dann in einen ruhigen Refrain münden. Erfreulich ist auch die Tatsache, dass sich die Band nicht mit langen und langweiligen Soli aufhält sondern sich meist auf das Wesentliche beschränkt und somit auch zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr zum „Prog“ gezählt werden konnte. Das einzige das hier an „Prog“ erinnert, ist das bedeutungsschwangere Cover auf dem ein Junge vor einer aus Würfeln gebauten Wand einen Totenkopf wie einen Fußball kickt. Unbedingt erwähnenswert ist an dieser Stelle noch das Schlagzeugspiel von Neil Peart, einem der wenigen Trommler, von denen ich mir auch mal ein Solo anhören kann. Am Ende dieses überaus kurzweiligen Albums steht noch das flotte ‚You bet your life‘ und weckt die Lust, auch die anderen großartigen Alben wie ‚Counterparts‘, ‚Presto‘ oder ‚Hold your fire‘ mal wieder zu hören.

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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?