Re: Wiederhören im Forum…

#1023487  | PERMALINK

dominick-birdsey
Birdcore

Registriert seit: 23.12.2002

Beiträge: 14,848

The Black Crowes · Shake Your Money Maker
American (1990)

Es gibt Alben, die ich mag, weil andere sie nicht mögen. Etwa weil sie klängen wie vergreister Rock von gestern. Extragrässlich.
Musterbeispiel für Retrorock ist das Debut der Black Crowes. Mit Referenzen wurde deshalb in den Rezensionen damals nicht gespart: Von den Rolling Stones (dessen Tourkeyboarder Chuck Leavall auf diesem Album mitspielt) über Led Zeppelin bis hin zu den Faces und The Free. „Shake Your Money Maker“ ist eine große Melodienmaschine. Und wenn es einer Schublade bedarf, dieses Album zu kategorisieren, dann kommt „Southern-Blues-Rock“ ihm schon recht nahe.
Der Opener „Twice As Hard“ ist eine kräftige Rocknummer, oldfashioned und mit einem Schlagzeugfundament, das an die Zartheit eines Teppichklopfers erinnert. Gefolgt von einem von Drums und Piano angetriebenen Bluesrocksong, „Jealous Again“: handsome, aber arschtretend. Chris Robinsons feine Heiserkeit kehrt die Midtempoballade „Sister Luck“ ins Herz und auch „Could I’ve Been Blind“ reiht sich in die richtige Mischung von Riffs, Rhythmen und Rock ein, obgleich es nicht eines ihrer besten Songs ist. Natürlich kann man auch bei „Seeing Things“ auf Zitatsuche gehen oder sich wie Kinder einfach verzaubern lassen. Die wunderbaren Backgroundvocals müssten dazu beitragen, den Song in einem dunklen Raum leuchten zu lassen. Dass der beste Song auf diesem Album ausgerechnet eine Coverversion (eines Otis Redding Songs) ist, soll das Songwriting der übrigen Songs nicht schmälern. „Hard To Handle“ kickt fröhlich gegen Schienbeine, während das darauf folgende „Thick N‘ Thin“ Sicherheitsgurte entzwei schneidet, rote Ampeln überfährt und folgerichtig mit einem Crash beginnt. Ein knapp dreiminütiger Durchlauferhitzer. „She Talks To Angels“ rumort gefühlig auf eine eigenartige herzerwärmende Weise. Der „Struttin‘ Blues“ macht von Beginn an klar, dass hier Southern Rock mit den einfachsten Mitteln und viel Spaß freudig und fesch dargereicht wird. Bevor eine Reprise das Album ausklingen lässt, rundet „Stare It Cold“, das die Band wie besessen vom eigenen Song mit manischer Leidenschaft spielt, es kathartisch ab.
Die Black Crowes zitieren alles und nichts. Niemanden und jeden. Und nach diesem Debut wurden sie für zwei weitere Alben unerreichbar und unkopierbar. „Shake Your Money Maker“ hat jedoch noch nicht die wackere Ziellosigkeit seiner beiden Nacheiferer, sondern besitzt auf den Punkt komponierte Song, die sich nicht in Jamsessionsequenzen ergehen. Gut so.

--