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dominick-birdsey
Birdcore

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The Jayhawks · Hollywood Townhall
American (1992)

Die schneefeine Melancholie dieses Albums zeichnet sich bereits auf dem Cover ab. Aber die dargestellte Kälte ist eigentlich nicht kalt. Es ist eine warme Kälte, die alle Sinne umfasst, sobald die ersten Takte von „Hollywood Town Hall“ erklingen. Man wird sofort von Melancholie befallen: gefühlsmächtig, sehnsüchtig, innehaltend.
„Waiting For The Sun“ ist für alle, die vom Leben enttäuscht wurden und auf der Suche nach schöneren Momenten („Something might ease my soul“) und einer neuen Liebe sind, wie die wärmende Sonne an einem kalten Wintertag. Auch bei „Crowded In The Wings“ hat man das Gefühl, das seine Schwingen weit über alle Songs ausspannt, dass sich das kerzenhaft Warme ganz sentimental im Bewusstsein einnistet: dem frostig frustrierenden „Nothing seems real, now that you're gone“ steht am Ende das stimmungsvoll Ausfüllende „Then it's you I find“ gegenüber. Bei „Two Angels“ herrscht eine Schwere, die nach unten zwingt. „Sister Cry“ klingt wie Dylan, nur frisch ausgepackt. Und „Take Me With You (When You Go)“ zeigt den Höhepunkt traumhaften Harmoniegesangs.
Louris und Olsons Kompositionen sind oftmals so verheißungsvoll, als könnten sie tausend Geschichten in einem Song erzählen. Ob Olson oder Louris von „The sound of water falling down“, ob von „Icy black, muddy waters“ oder „icy mountains“ singen, die Gemütswinterlichkeit wird durch den Country-Folk-Pop und die warme, aber konturscharfe, Produktion von George Drakoulias wirkungsvoll weggeschmolzen.
Ein Album, das man einatmen und nie wieder ausatmen möchte. Ein Genuss.

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