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Rickie Lee Jones (1979)
Ende der 70er als die „Helden“ der ersten Rock’n’Roll Generation etwas orientierungslos durch die Musikszene irrten, Neuerungen wie Punk und Disco argwöhnisch beäugten oder gar versuchten auf diesen Zug aufzuspringen (z.B. Linda Ronstadt covert Costello’s „Alison“, die Stones versuchen den Discobeat bei „Miss you“) erschien eine junge Singer/Songwriterin auf der Bildfläche und stellte die Uhren auf ihrem Debutalbum einfach wieder auf rückwärts! Kein Wunder, kam doch Rickie Lee Jones aus der legendären Neo-Beatnik-Szene in Los Angeles, die sich um Künstler wie Tom Waits oder Chuck Weiss geschart hatten. Und genau diese beiden Männer sind für Jones Debut-Album eine Art Fixpunkt: Während Weiss in Rickies erstem Hit „Chuck E’s in love“ kongenial verewigt wurde, war das ganze Album sehr von der Atmosphäre der Waits-Platten in den 70ern geprägt (auf dem Back-Cover von „Blue Valentine“ sieht man Rickie wie sie im Hintergrund an einer Tankstelle von Weiss ganz schön bedrängt wird) , will sagen: Jazz, dunkler Folk, vernuschelte Vocals (da kann Mrs. Jones sogar Dylan Konkurrenz machen) und Geschichten über schmierige Typen, leichte Mädchen in billigen Bars und den dreckigen Straßen von Los Angeles. Auf der anderen Seite weckte das Cover und auch die Stimme von Rickie doch aber auch Assoziationen an jemand anders: Diese Baskenmütze, der Zigarillo, der Blick – als wäre sie die etwas zähere, Großstadt-Cousine von Joni Mitchell. Und auch in Songs wie „Company“ oder „Last chance Texaco“ wird der Einfluss der Lady of the Canyon mehr als deutlich. Das Album als ganzes hat den „test of time“ erstaunlich gut überstanden (was man von nicht allen Alben der Jones sagen kann), ich hatte es gestern mal wieder auf dem Plattenteller – und was soll ich sagen: Als komplettes Album kaum Ausfälle, sensationell guter Gesang („Coolsville“), tolle finger-schnipp-grooves („The weasel and the white boy cool“, „Chuck E’s in love“) schöner Barjazz („Easy money“) sommerleichter R&B („Danny’s all star joint“) eine prominente Musikerliste (Brecker Bros., Michael McDonald) – witzig, nach 2 Songs war alles wieder da: Der Sommer von 79, Aufbruchstimmung, Latzhosen, weiße Clocks – und irgendwie war diese wohl untypischste Platte dieses Jahres mein ganz persönlicher Soundtrack für 79.
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Dilettanten olé!!