Re: Wiederhören im Forum…

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dougsahm
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Steve Hillage – L (1976)

Es war vor vielen Jahren, da erzählte die Gruppe Gong kosmische Märchen über fliegende Teekessel und viel mehr absonderliche Sachen. Sie hatten einen Gitaristen namens Steve Hillage, der sich brav in den Gruppenkontext einordnete und relativ unscheinbar klampfte. Dann war irgendwann Gong zu Ende und Herr Hillage musste selbst schauen wo er blieb. Und nach einem ersten Gehversuch mit Fish Rising holte er sich hochkarätige Unterstützung. Zum einen aus der Jazz-Ecke mit Don Cherry, zum anderen aus der Experimentalecke mit Todd Rundgren als Produzent. Heraus kam L.Das war Ende der 70er schon ein besonderes Album. Erstens psychedelische Alt-Hippie – Anklänge. Zweitens gleichzeitige rudimentäre Jazz-Einflüsse. Drittens für die damalige Zeit perfekt produziert. Viertens absolut exzentrischen Cover-Versionen (für die damalige Zeit) von It's All Too Much (George Harrison) und Hurdy Gurdy Man (Donovan). Alles ziemlich lang. Nichts mit 3-Minuten – Singles – Orientierung. Eher auf gleicher Augenhöhe wie die Wish You Were Here. Es war ein Album zum Hören zwischen 2.00 Uhr und 3.00 Uhr mit Räucherstäbchen und Tee. Schon die Titel der Songs waren psychedelisches Programm: Hurdy Gurdy Man / Electrick Gipsies / Om nama shivaya / Lunar Musick suite (2x ck ist korrekt !).Das Album verleitete Heranwachsende zum Träumen – mit Nachwirkung sogar zum Tagträumen. Die Befindlichkeiten eine Generation wurden im Kontrast zu härteren Sachen wie Punk oder Hard Rock oder den textlastigen Dylan und Cohen perfekt ausgedrückt. Rückblickend betrachtend kann man dafür die Schublade Prog-Psychedelic eröffnen. Aber es war so schööön. Es war so schön, überlegen, die blöden Donovan-Apologeten endlich reizen zu können, mit diese Version von Hurdy Gurdy Man. Es war so schön fachmännisch den Begriff glissando benutzen zu können. Es war so schön sich geschmacklich zu emanzipieren und nicht mehr im Gruppenkontext zu hören, sondern Musiker. Es war so schön zu bewundern, wie jemand einfach ein Album „L“ nennen kann. Das Album macht auch heute noch Spass – Geringeren als früher – aber immer noch. Jedenfalls transponierte es perfekt die Psychedelic der 60er in die 70er hinein.

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