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Tommy Bolin – Teaser
Nemperor Records 1975
Es war eine Zeit in der man Musik noch mit Gruppen verband und auf den Federmäppchen stand mit schwarzem Kuli aufgemalt. Manfred Mann's Earthband, Status Quo, Bob Marley und Pink Floyd. Bei anderen stand Uriah Heep drauf und Deep Purple. Man ging immer in den Unterricht mit links der Schultasche und rechts einer Plastiktüte, mindestens 33cm x 33cm. Musiker waren damals für Teenies weit weniger im Blickfeld als heute. Die Doors waren die Doors. Jim Morrison ? Wer war das ? Genesis war Genesis. Phil Collins ? Wer war das ? Man hatte genug mit den Gruppen zu kämpfen und schaute sich auf den Covern nur das Titelverzeichnis an. Internet gab es nicht und so war die Gruppenidentität absolut im Mittelpunkt des Fantums. Es war 1975.Mein Schulnachbar brachte mir irgendwann in einer 33×33-Coop-Platiküte, gefüllt mit 2 Alben mit: Deep Purple – Come Taste The Band und Tommy Bolin – Teaser. An erstere kann ich mich nicht mehr erinnern. Zweitere sollte einen permanente Wirkung entfalten. Erster Eindruck – blöder Cover – ist ja „nur“ ein Foto. Zweite Unterstellung – der ist ja nur 20% von Deep Purple. Wenn mir schon Deep Purple nicht gefällt, dann muss ein Einzelner mathematisch korrekt 5x schlechter sein. Weit gefehlt. Er war 5x besser. Das Album ist sehr abwechslungsreich. Isoliert stehend ist diese Formulierung in etwas so, wie wenn man im Arbeitszeugnis schreibt „er bemühte sich den Anforderungen gerecht zu werden“. Das ist damit aber nicht gemeint. Es pendelt zwischen wuchtigeren Feuerzeugnummer wie dem Opener „The Grind“, jazzrockigen Anleihen wie es damals modern war im Sinne von Billy Cobham und Stanley Clarke sowie wunderschönen Balladen, von denen sich die Scorpions eine weitere Scheiben hätten abschneiden können oder relaxten Tracks mit karibischen Einfluss wie „Savannah Woman“, bei dem – man glaubt es kaum – sogar Phil Collins (perc) dabei ist. Sogar eine Reggae-Nummer war dabei „People, People“. Musste auf mixed tapes immer in Zusammenhang zu Patti Smith's Redondo Beach kommen. Passte perfekt. In gewisser Weise klingt das Album heute schon etwas altbacken und an einzelnen Stellen effekthascherisch – zugegebenermassen. Es ist aber gleichermassen ein Beleg dafür, was die Musiker von Purple, Heep. Quo etc der damaligen Zeit hätten können können, wenn man sie gelassen hätte. Na ja manche zumindest. Danach kam noch das Album Private Eyes, das exakt zu 50 % exzellent und zu 50 % Schmarrn war. Danach wars aus und vorbei. Manchmal glaub ich John Frusciante ist sein Nachfolger. Doch. Dieser Vergleich passt. RIP T.B.
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