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David Sylvian – Secrets of the beehive
Virgin, 1987
September`s here again
Diese Zeile steht eigentlich programmatisch für dieses 1987 erschienene und wohl gelungenste Album von David Sylvian. In seiner Stimmung geheimnisvoll, in seiner Tiefe kaum erfassbar, vertont Sylvian nicht nur eine Jahreszeit, sondern eine Phase im Jahr, in der man sich selbst wahrscheinlich am nahesten kommt. Die Bilder reichen von endlosen Spaziergänge in laubbedeckten Wäldern über stürmische Nachmittage an der Küste hin zu trostlosen Aufenthalten in Räumen, in denen man nur noch das Ticken altmodischer Wanduhren und den Trugschein der eigenen Phantasie wahrnimmt.
Sylvian ist in seiner leisen, unaffektierten Art ein Magier. Seine Stimme lebt von Wärme ohne gespielte Emotionalität. Er singt einfach nur, und lässt dabei dem Hörer den größtmöglichen Assoziationsraum, der dieses Angebot annehmen und „Secrets of the beehive“ als Spiegel verwenden kann.
Den wichtigsten musikalischen Beitrag hat wohl Ryuichi Sakamoto geleistet, der von geheimnisvollen Geräuschkulissen bis hin zu schönen (aber nicht süßlichen) Streicher-Arrangements eine immense Bandbreite offeriert. Die 10 Songs (einer davon wurde erst der CD-Ausgabe angefügt) sind aber nie überladen, klingen immer transparent, in gewisser Weise sogar intim. Es gibt Momente der kompletten Ruhe, der Mut zur Stille. Drums finden da so gut wie keine Verwendung.
Die Perfektion in der Umsetzung zeigt sich für mich z.B. in einem der schönsten Songs: „Let the happiness in“. Ein dunkler Bläserteppich, der sowohl ein Schiffsgeräusch als auch die Musik einer Beerdigung sein könnte, untermalt die Zeilen: „I'm waiting on the empty docks / Watching the ships come in / I'm waiting for the agony to stop / Oh, let the happiness in“. Dazu die Verlorenheit einer im Wind wegschwebenden Trompete und die leisen gedämpften Percussions. Das klingt traurig und verloren, aber gleichzeitig auch zärtlich und hoffnungsvoll. Und in dieser Ambivalenz liegt für mich wohl auch der nie nachlassende Reiz dieses Meisterwerks.
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Wake up! It`s t-shirt weather.