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Anonym
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The Germs – GI (1979)
„Gorgeous, hypnotic, broken, intangible, charismatic, but always, always, chaotic“ so beschreibt Nicole Panter, von 1978 bis 1980 Managerin der Band, die Germs und ihre legendären, katastrophalen und seinerzeit meist schlecht besuchten Konzerte. Die Germs gehören zu jenen Bands, die damals locker die Hollywood Bowl ausverkauft hätten, wären nur ansatzweise so viele Leute bei ihren Shows erschienen, wie heute eben genau das behaupten. „Audience riots, equipment breaking, limbs breaking, blood flowing, you name it“. Trotz eben dieser Konzerte und einer lächerlich Debut-Single mit dem Titel „Forming“ (die nicht nur unter der musikalischen Unfähigkeit aller Beteiligten leidet, sondern auch unter einem merkwürdigen Hall, der einfach daraus resultierte, dass die Band nicht fähig war, das Bandgerät zu bedienen) brachten die Germs eine hervorragende EP („Lexicon Devil“, später auch in einer anderen Version auf GI zu hören) und, unter der Mithilfe von Produzentin Joan Jett, ein exzellentes, richtungsweisendes Album zustande. Wie viel der frühe Herointod von Darby Crash aka Bobby Pyn aka Jan Paul Breahm im Alter von 21 Jahren und die Tatsache, dass einst Belinda Carlisle und Pat Smear (später Nirvana und Foo Fighters) in der Band mitspielten, zur Popularität der Germs beigetragen hat, lässt sich im Nachhinein nur schwer beurteilen. Den Titel „The American Sid Vicious“ hat Crash jedenfalls nicht verdient, denn er war smarter, intelligenter und talentierter als der Pistols-Statist, mit dem er so gerne verglichen wird.
Zu den Songs auf GI ist zu sagen, dass diese zwar wesentlich sauberer und produzierter als die Stücke der frühen EP/Single klingen, aber dennoch weit vom Mainstream entfernt sind und eine Art Verbindung zwischen klassichem ´77 Punk und Hardcore bilden. Zu den Höhepunkten des Albums gehören „Lexicon Devil“ dessen Lyrics Crashs Faszination für die Manipulation und Beeinflussung von Menschen zeigt („I want toy tin soldiers that can push and shove / I want gunboy rovers that'll wreck this club / I'll build you up and level your heads / We'll run it my way cold men and politics dead“), „Media Blitz (“ Don't steal your eyes off the TV screen / Can you realize we're what we've seen / Take an injection from the mad machine“) und „Manimal“ (mit einem unwiderstehlichen Gitarrenintro von Pat Smear und den Zeilen „I came into this world like a puzzled panther / Wanting to be caged / But something stood in the way / I was never quite tamed“). Schwachpunkte gibt es keine und einige der Songs sind (manchmal erst nach mehrmaligem Hören) erstaunlich catchy.
„Crash´s vocalizings are impossible to follow without aid of the lyric sheet, and even then you´re likely to throw in the towel“ schrieb Richard Meltzer 1979 in seinem Review zum Album, in dem er GI auch als „the most remarkable L.A. studio achievement at least since (The Doors´) „L.A. Woman“ (1971)“ beschreibt. Ein schmeichelnder Vergleich, der in musikalischer Hinsicht hinkt und wohl verdeutlichen soll, dass Crash, verglichen mit Zeitgenossen von Fear, X oder den Screamers, zu den besseren Songwritern gehörte und mit „Lexicon Devil“, „Communist Eyes“ oder „Media Blitz“ echte Klassiker zustande gebracht hat, auf die sich noch heute Bands wie die Red Hot Chili Peppers, Janes Addiction oder die Melvins berufen. O-Ton Flea: „Forget about London and New York and fashion and politics. The Germs wrote and played the best punk rock songs of all time.“ Kein Einspruch von meiner Seite!
Empfohlen sei an dieser Stelle auch Penelope Speehirs´ zeitgenössiche Dokumentation „The Decline Of Western Civilization“, die neben Live Auftritten und Interviews mit Bands wie Black Flag, X, Fear und den Germs auch das einzige Video-Interview mit Darby Crash enthält. Scary!
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